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Kultur: Sanft erdrosselt ist auch tot

Nahestehende, die einem im Wege sind, sollte man mit Delikatesse vom Leben zum Tode befördern. So denkt und handelt der leicht ergraute Nervenarzt Dr.

Nahestehende, die einem im Wege sind, sollte man mit Delikatesse vom Leben zum Tode befördern. So denkt und handelt der leicht ergraute Nervenarzt Dr. Flemming und erdrosselt sein Eheweib - mit blütenweißen Handschuhen. Natürlich hat er für ein Alibi gesorgt, dessen raffinierte Konstruktion schon allein den Mord rechtfertigt. Wäre da nicht dieser zerknautsche Lieutenant mit der Marke der Kriminalpolizei, der den hochspezialisierten Intellektuellen durch sein umständlich herzliches Wesen aufs Kreuz legt. Alle Welt kennt diesen hinreißend freundlichen, leicht schmuddligen Kerl im zerknautschten Regenmantel mit dem feuchten Zigarrenstummel im Mund - er heißt Columbo.

Jahrzehntelang, hierzulande von 1969 bis 1999 in 66 Folgen, hat die von Peter Falk verkörperte Krimi-Figur die Fernsehzuschauer begeistert. „Mord auf Rezept“, jetzt am Theater am Kurfürstendamm herausgekommen, steht am Beginn aller Columbo-Geschichten. René Heinersdorffs Regie stützt sich auf zwei Schauspieler, die sich dem Nervendoktor und dem Polizisten mit gelassener Disziplin und sanfter Heiterkeit hingeben. Ilja Richter (Dr. Flemming) und Volker Brandt (Columbo) nehmen die unaufgeregte Geschichte nicht ernster, als sie es verdient. Beide arbeiten mit ihren Figuren so überlegen, dass der Zuschauer im Brechtschen Sinne immer „dazwischenkommt". Brandt liefert einen Columbo ab, der das Original trefflich steigert und ironisiert, an jeder Geste kann man sich freuen. Richter setzt den vollendeten Gentleman dagegen, dessen eitle Selbstsicherheit auf köstliche Art immer mehr und immer deutlichere kleine Einbrüche erlebt, wenn ihn der Kriminalist fast unmerklich attackiert.

Ganz vom freundschaftlichen Wettbewerb dieser beiden Schauspieler lebt der Abend, auch wenn Irene Hubschmid, Susanne Meikl und Konstanze Proebster in den Rollen der Frauen weit mehr als nur die Stichworte liefern. Sie schaffen das rundum stimmige Milieu für ein Mord-und-Sühne-Schauspiel der fast unschuldigen, heiteren Art. Christoph Funke

Vorstellungen im Juni täglich 20 Uhr.

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