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Kultur: Saure Zitrone statt Orangen

Jetzt streiken sie wieder. Am gestrigen Mittwoch trat das Orchester der Komischen Oper geschlossen nicht zum Dienst an, so dass die Wiederaufnahme von Sergej Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“ lediglich mit Klavierbegleitung stattfinden konnte.

Jetzt streiken sie wieder. Am gestrigen Mittwoch trat das Orchester der Komischen Oper geschlossen nicht zum Dienst an, so dass die Wiederaufnahme von Sergej Prokofjews „Die Liebe zu den drei Orangen“ lediglich mit Klavierbegleitung stattfinden konnte. In dem seit Monaten schwelenden Tarifkonflikt mit dem Land Berlin zieht die „Deutsche Orchestervereinigung“ nun die Daumenschrauben wieder fester an. Bislang war es bei der hauptstädtischen Opernstiftung lediglich zu Vorstellungsverzögerungen oder Arbeitsniederlegungen nach der Pause gekommen.

Für die Arbeitgeberseite kommt die Attacke völlig überraschend: Offiziell hat die Gewerkschaft die Verhandlungen nämlich nicht für gescheitert erklärt. Offensichtlich soll hier ein Exempel statuiert werden. Der Zeitpunkt allerdings ist strategisch gut gewählt. Denn in der Vorweihnachtszeit sind die Opernhäuser besonders voll, Streiks tun also besonders vielen Menschen weh. Die Deutsche Oper muss nun um ihre wichtige Premiere am Sonntag bangen, Berlioz’ „Les Troyens“, ein Herzensprojekt ihres Generalmusikdirektors Donald Runnicles.

Es ist das gute Recht einer Gewerkschaft, für die Interessen ihrer Mitglieder zu streiten. Ebenso ist es das gute Recht von staatlichen Angestellten, zur Durchsetzung ihrer Forderungen die Arbeit niederzulegen. Die zu 95 Prozent gewerkschaftlich organisierten Orchestermusiker müssen sich nur im Klaren darüber sein, dass dabei keiner an ihrer Seite steht. Weder die um den Kunstgenuss gebrachten Zuschauer noch das übrige künstlerische Personal an den Häusern, das bereits jetzt schon schlechter bezahlt wird als die Orchestergrabenarbeiter. Und noch eines sollten die streitfreudigen Instrumentalisten bedenken: dass sie mit ihrem Arbeitskampf jenen Politikern in die Hände spielen, die erstens drei Opernhäuser für Berlin übertrieben finden und zweitens sowieso der Meinung sind, Kultur müsse sich finanziell selber tragen können.

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