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Kultur: Scharfe Kontraste

ARCHITEKTUR

Der Unterschied zwischen den beiden wichtigsten Städten Israels könnte kaum größer sein: Während Jerusalem auf 3000 Jahre Geschichte zurückblickt, ist Tel Aviv noch nicht einmal 100 Jahre alt. 1909 in unmittelbarer Nachbarschaft zu Jaffa entstanden, wurde die Stadt am Mittelmeer programmatisch als erste hebräische Stadt gegründet, als Anlaufpunkt für Juden aus aller Welt. Eine kleine Fotoausstellung im Beth Cafe der Jüdischen Gemeinde (Tucholskystraße 40, bis 8. Mai) macht an ausgewählten Beispielen mit der Entwicklung der beiden israelischen Metropolen vertraut.

Trotz aller Unterschiede haben beide Städte eine Gemeinsamkeit, denn ihr Charakter wurde maßgeblich durch die Einwanderungswellen geprägt, die jeweils einen neuen Bauboom auslösten. Das Ergebnis ist nicht nur ein kultureller, sondern auch ein architektonischer Schmelztiegel – mit bemerkenswerten Höhepunkten, wie etwa der Bauhaus-Architektur der Dreißigerjahre in Tel Aviv, deren Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes diskutiert wird. Während das ursprünglich als Gartenstadt geplante Tel Aviv für die Architektur des International Style offen war, galt es für die Architekten in Jerusalem, architektonische Innovation mit dem Bezug zur Tradition des Ortes zu verbinden. Das drückt sich nicht nur in der verwendeten Formensprache aus, sondern vor allem in der Materialität. So prägt bis heute der hellgelbe Jerusalemer Stein, dessen Verwendung bindend vorgeschrieben ist, Bild und Atmosphäre der Stadt. Das gilt auch für die berühmten Bauten von Moshe Safdie, etwa das Hebrew Union College (1975/88), die es verstehen, traditionelle Motive in eine spannungsvolle zeitgenössische Formensprache zu übersetzen. Jürgen Tietz

Jürgen Tietz

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