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Kultur: Schattenmann

Einen Berliner Kultursenator hat man sich prinzipiell als unglücklichen Politiker vorzustellen. Er will, er muss, ja er kann sparen, doch hinter jeder Spar-Idee warten Falltüren und Tretminen.

Einen Berliner Kultursenator hat man sich prinzipiell als unglücklichen Politiker vorzustellen. Er will, er muss, ja er kann sparen, doch hinter jeder Spar-Idee warten Falltüren und Tretminen. So ist das in Berlin. Thomas Flierl plagt nun noch ein anderes Problem. Es macht den Eindruck, als hätte seine Verwaltung keinen Schimmer, wie man in der Not vernünftig oder sogar produktiv sparen soll. Nehmen wir die Schauspielschule Ernst Busch. Eine hoch angesehene Institution: Ernst-Busch-Absolventen wie Fritzi Haberlandt, August Diehl und Max von Pufendorf sind in Wien, in Hamburg, in Berlin die Jung-Stars. Doch Flierl will hier ein paar hunderttausend Euro streichen, was für den kleinen Betrieb und den unermüdlichen Rektor Klaus Völker eine Katastrophe bedeutet. Zarte Triebe werden ausgerissen.

Oder das Beispiel Podewil: Dem früheren "Haus der jungen Talente", wie es in der DDR hieß, droht nach den angekündigten Kürzungen das Aus. Aus dem Podewil stammen Regisseure wie René Pollesch und Choreografen wie Meg Stuart - Künstler, die beim diesjährigen Berliner Theatertreffen im Mai den Ton angeben werden. Nun könnte man argumentieren, dass das Podewil seine Schuldigkeit getan habe und seine Funktion künftig vom Hebbel-Theater und der zu gründenden Ufer-AG (mit der alten Schaubühne) übernommen werden kann. Doch da herrscht im Hause Flierl Denkblockade. Die Neubesetzung des Hebbel-Theaters scheint in weite Ferne gerückt, offensichtlich will man die langjährige Intendantin Nele Hertling dort über 2002 hinaus halten. Was wird aus der Findungskommission - und den potenziellen Hertling-Nachfolgern, die sich nicht endlos bereit halten?

Kultursenator Flierl scheint all diesen Fragen aus dem Weg zu gehen. Er verspielt die Chance, in der Off-Szene, die ja beweglich sein muss und nicht für die Ewigkeit gegründet, neue Akzente zu setzen und Räume zu öffnen, womit sich durchaus auch Einsparungen erzielen ließen. Wenn man wüsste, worum es geht. Bisher wird nur kopflos zusammengestrichen. Wie soll das erst werden, wenn Flierl über Strukturveränderungen bei den Opern und Staatstheatern verhandeln will, wenn er bereits bei den Freien jeden vernünftigen kulturpolitischen Gedanken vermissen lässt? Selbst Berliner Staatstheater-Chefs erleben Flierl als Phantom. Er geht nicht zu Premieren, man wartet monatelang auf Termine, die dann abgesagt werden. Bald wirken Flierls zahllose Vorgänger, die zu Recht auch in diesen Spalten durchgeprügelt wurden, wie kleine Giganten.

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