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Kultur: Schattenmann

Zum Tod des Schauspielers Jürgen Hentsch.

Seine Haltung war stets tadellos, und von seiner rauchig-markanten Stimme ging selbst unter Anspannung eine beinahe nachrichtensprecherartige Ruhe aus. Jürgen Hentsch schien unerschütterbar. In „Der Totmacher“, Romuald Karmakars Kino-Kammerspiel über den Serienmörder Fritz Haarmann, spielte er den Psychiater Ernst Schultze, der die Schuldfähigkeit des Angeklagten zu beurteilen hatte. Haarmann, dargestellt von Götz George, erzählt stockend und plappernd wie ein Kind von seinen Taten, und dieser Gutachter im steifen Hemdkragen hört zu, hakt nach, bleibt unbewegt. Am Ende, als Haarmann nach dem Prozess zum Tode verurteilt ist, schenkt er ihm eine Zigarre.

Hentsch, 1936 in Görlitz geboren, hatte die Ernst-Busch-Schauspielschule in Berlin besucht. Seine Bühnenkarriere begann in Chemnitz und am Deutschen Theater Berlin, 1966 drehte er für die Defa seinen ersten Kinofilm „Karla“. Konrad Wolf holte ihn in seinen autobiografisch grundierten Film „Ich war neunzehn“ über die letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs. Auch nach dem Ende der DDR blieb Hentsch eine Idealbesetzung für prägnante Nebenrollen in Kino und Fernsehen. Er spielte den Nobelpreis-Physiker Werner Heisenberg in „Das Ende der Unschuld“ und Herbert Wehner im Politthriller „Schatten der Macht“, machte mit Frank Beyer ein Remake des „Hauptmann von Köpenick“ und mit Dieter Wedel den Vierteiler „Der Schattenmann“. Für die Rolle des Heinrich Mann in Heinrich Breloers Dokudrama „Die Manns“ bekam er den Grimme-Preis. Am Mittwoch ist Jürgen Hentsch in Berlin gestorben. Er wurde 75 Jahre alt. Christian Schröder

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