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Kultur: Schattenspieler

Wenn alles gut geht, sind die Mitarbeiter einer Galerie beinahe unsichtbar. Hinter der ausgestellten Kunst verschwinden die vorausgegangene Planung, der Transport der Werke, der Aufbauprozess, die Technik.

Wenn alles gut geht, sind die Mitarbeiter einer Galerie beinahe unsichtbar. Hinter der ausgestellten Kunst verschwinden die vorausgegangene Planung, der Transport der Werke, der Aufbauprozess, die Technik. Häufig sind an diesen Arbeiten auch Künstler beteiligt. Nur etwa fünf Prozent der in Berlin arbeitenden Künstler können allein von ihrer Kunst leben. Nebenbeschäftigung finden viele im Kunstbetrieb. Arndt & Partner zeigt in der Ausstellung „Team“ zehn Künstler, die in der Galerie gearbeitet haben oder noch immer dort tätig sind – deren Kunst der Besucher dort aber normalerweise nicht zu sehen bekommt (Zimmerstraße 90–91, bis 8. September). Einige dieser Kunsthochschulabsolventen, etwa der Maler Bernd Ribbeck , sind inzwischen so erfolgreich, dass sie sich ganz auf ihre Kunst konzentrieren können. Ribbeck und seine Kollegen, alle um die 30 Jahre alt, präsentieren Zeichnungen, skulpturale Werke, Malerei. Viele pusselige Arbeiten sind zu sehen, Arbeiten, in denen Bilder und Formen wie in einem Prisma aufgebrochen, zerlegt und gespiegelt werden (Preise zwischen 750 und 7400 Euro). Gemein sei diesen Künstlern, so der Galerist, eine Liebe zum Handwerklichen. Doch interessanter noch als die Überlegung, ob Arbeitsweise und Nebentätigkeit zusammenhängen, scheint die Frage zu sein: Wer hat wohl diese Ausstellung aufgebaut?

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Auch die Kunsthistorikerinnen Fanny Gonella und Sabine Schmidt arbeiten in Galerien. Auch sie treten aus ihrer Unsichtbarkeit hervor – mit einem eigenen Projekt. In der Wohnungsgalerie Korridor in Prenzlauer Berg zeigen sie seit anderthalb Jahren ausgefallene Ausstellungen. So forderten sie einmal Künstler auf, misslungene Arbeiten zu präsentieren. Ein anderes Mal brachten sie zwei Künstler zusammen, die sich nicht kannten. Der Katalog dokumentiert die Mails zwischen den beiden und damit den Entstehungsprozess der Ausstellung. Das Unsichtbare soll sichtbar werden. Auch die aktuelle Arbeit „Oxygen is odourless, tasteless and invisible“ des Österreichers Gernot Wieland verfolgt den Weg von der Idee zum Werk – wenn auch als Krankenakte (bis 27. August, immer sonntags 18–20 Uhr und nach Absprache, Raabestraße 2). In einem Video berichtet ein fiktiver Psychiatriepatient von seiner depressiv-paranoiden Weltsicht und seinen kunsttherapeutischen Arbeiten. Diese heilsamen Versuche, den unsichtbaren Stimmungen eine Form zu geben, sind im Flur der Galerie ausgestellt: ein Filzhandschuh, unförmige Keramik, ein Papierhaus. Zwischen dem Kunsthandwerk liegt ein Stapel mit Schokolade. Psychopharmaka und Kunst machen offenbar Appetit auf Süßes.

Daniel Völzke

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