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Kultur: Schirm & Charme

Wassermusiktheater: Mozarts „Zauberflöte“ in der Berliner Waldbühne

Viel ist in der „Zauberflöte“ von Naturelementen die Rede, von Bergen, die sich – maestoso – auseinanderteilen, von Sternen, von Feuer und Wasser, von Donner und Blitz, von den Strahlen der Sonne, die der Heuchler Macht zernichten. Ausgespart bleibt der gemeine Regen.

Unter Regenschirmen strebt das Publikum der Waldbühne zu, hinter sich den Regenbogen, und „sogleich verwandelt sich das ganze Theater in eine Sonne“. Die Augen werden geblendet, um alsbald den Fahrradauftritt des Vogelfängers unter dem nächsten Regenschauer zu erleben. Das Wetter bleibt so unbeständig wie das Publikum unerschrocken, auch als sich von irgendwo Trommelmusik mit Feuerwerk akustisch einmischt.

Nein, diese Waldbühnen-„Zauberflöte“ lassen wir uns nicht nehmen, denn sie bringt, auf die Breitenwirkung des Ortes angelegt, ein Stück verlorene Zeit zurück. Kein Grübeln über Sarastros Moral, wenn der Bass Matti Salminens so Waldbühnen-tauglich tönt, keine Scheu vor Papagenos Kalauern: „Ich bleibe ledig!“

Mit wachem Theaterverstand nimmt Regisseurin Gerlinde Pelkowski die Angebote des Open Air an. Dabei kommt ihre kleine stumme Rahmengeschichte über ein Abkommen zwischen den Delegationen des Sarastro und der Königin der Nacht erst richtig zur Geltung, wenn die beiden sich in der Handlung wieder begegnen: Die sternflammende Königin weiß von der Hallenarie des göttlichen Weisen, der die Rache nicht kennt. Dass ein gutmenschlicher Eingriff in das Libretto aus dem „Schwarzen“ einen „Sklaven“ macht, raubt der Arie des Monostatos „Alles fühlt der Liebe Freuden“ ein Stück Poesie, wie Ivan Nagel sie aufgedeckt hat: seine „Herzensdiskretion“, „O so mach die Augen zu“, das Fühlen Mozart/Schikaneders mit dem Unterdrückten.

Die Bühne Thomas Gabriels konzentriert drei Ebenen, zwei Farbenbereiche, einen Baum. Eine Art Schinkelreminiszenz, gestirnt auf blauem Grund, umgibt die Königin als variables Kleeblatt.

Neben den Lesarten der „Zauberflöte“ von Kupfer bis Neuenfels, die dem Stück unverzichtbare neue Aspekte gebracht haben, besteht Pelkowskis Regie als eine Arbeit aus Praxis und Fantasie. Da sind die Schritte der Prüflinge Tamino und Papageno der Musik abgelauscht, eingedenk der Monitoren, die ihnen den umsichtigen Maestro Andrew Davis nahebringen. Ein Zauberflötist steht dafür ein, dass das Orchester der Deutschen Oper bei der Sache ist, während die Technik den Sängern den Vortritt lässt. Das sind Künstler von Rang, die selbst im Regen noch zu klanglicher Feinheit finden: Genia Kühmeier (Pamina), Anna Kristiina Kaappola (Königin), Ditte Andersen (Papagena), Burkhard Ulrich (Monostatos), Charles Castronovo (Tamino), Markus Brück (Papageno), Lenus Carlson (Sprecher). Pelkowski teilt die Sklaven in Breakdance-Artisten und Choristen der Deutschen Oper auf: „Das klinget so herrlich.“ Die vielköpfige Schlange wandert vielfüßig auf und ab. Stoffbahnen sind willkommene Theatermittel zur Darstellung von Feuer und Wasser. Und unter die wilden Tiere wie die Kinderschar der Familie Papageno mischt sich zu unser aller Freude ein kleiner Knut. „Heil sei euch Geweihten“, Riesentableau, Happyend, Feuerspiele, Waldbühnenjubel.

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