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Kultur: Schluck’s runter!

Wettbewerb (3): „Maria, llena eres de gracia“ von Joshua Marston

Der Señor sagt Nein. Also kotzt Maria auf den Rosenstrauß, den sie vor sich liegen hat – zum Entdornen, Entblättern und Bündeln. Die 17-jährige Maria (Catalina Sandino Moreno) ist schwanger und muss dauernd raus, aber, so fragt der Señor, wie will sie die Zeit jemals aufholen? Maria weiß es nicht, wie so viele Dinge, nur dass sie raus muss aus der Blumenfabrik in der Nähe von Bogotá. Maria weiß natürlich auch nicht, wie sie das Geld beschaffen soll, auf das der männerlose Haushalt, in dem sie lebt, angewiesen ist.

Auf dem Dorffest tanzt sie mit Franklin aus der Stadt. Der bringt sie zu einem anderen Señor, der komische Fragen stellt. Ob sie Verdauungsprobleme habe, zu Durchfällen neige, ob sie verlässlich sei. Maria schlägt die Augen nieder und antwortet brav. Dafür bekommt sie ein paar Geldscheine, mehr als in der Rosenplantage. Und bald sitzt sie dem neuen Señor gegenüber und schluckt kleine Latexwürstchen, die mit Kokain gefüllt sind. Sie bekommt ein Betäubungsmittel in den Rachen gesprüht. Sie darf sich hinlegen, und der Señor drückt auf ihrem Bauch herum, um die Päckchen in Position zu bringen. Dann muss sie weitermachen, bis alle 62 Kokainrationen verschwunden sind. Wenig später sitzt Maria im Flugzeug nach New York und versucht zu ignorieren, wie schlecht sie sich fühlt. Es soll Verlass auf sie sein.

Joshua Marstons in Kolumbien und New York gedrehter Film zeigt im dokumentarisch-unterkühlten Stil, aber immer noch schmerzhaft eindrucksvoll genug, die professionellen Praktiken zweier Branchen, die sich, was Arbeitsbedingungen und Profitmargen betrifft, nicht prinzipiell unterscheiden. Das hätte leicht ein globalisierungskritischer Thesenfilm werden können, doch so einfach hat es sich Joshua Marston, 35, nicht gemacht. Denn auch seine Maria, deren teilnahmsloses Gesicht man immer wieder in Großaufnahmen sieht, hat ihre Unschuld längst verloren.

Heute 9 Uhr und 16.30 Uhr (Berlinale-Palast), morgen 9.30 Uhr und 23.30 Uhr (Royal Palast) und 20 Uhr (International), 15.2. 23 Uhr (Royal Palast)

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