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Kultur: Schmachten wie die Südländer

JAZZ

Tief schlummert sie im Herzen des mitteleuropäischen Städters: die Sehnsucht nach dem Süden; nach der roten Sonne, die bei Capri im Meer versinkt; nach den weißen Rosen in Athen und nach griechischem Wein; nach dem Cafe Oriental, in dem man Mocca trinkt. Größer ist diese Sehnsucht geworden nach dem Auftritt der Gruppe Quadro Nuevo aus Gstadt am Chiemsee im Berliner Jazzclub A-Trane am Dienstag. Man war an diesem Abend im schummrigen Buenos Aries mit einem der ältesten, beinahe vergessenen Tangos „El Choclo“ von Angel Villoldo, träumte den Traum der griechischen Auswanderer mit „Miserlou“, einem Tango Oriental, hörte Balkan-Swing, arabeske Melodien und spanische Gitarre. Hier ein musikalischer Scherz, da eine Albernheit. Eine Kalifornierin aus dem Publikum tanzt erfreut die Schritte auf der Bühne vor.

Der Besetzung nach eine Valse-Musette- Combo mit Akkordeon, Saxophonen, Bass und Gitarre changieren Quadro Nuevo zwischen Weltmusik, Klezmer, Tango, und orientalischer Musik. Angenehm nostalgisch ist das, romantisch, immer bis zum äußersten Gefühl gekitzelt und dennoch hört man den modernen Jazz zwischen den Tönen, ist nie in einer Retro-Show gefangen. Die virtuosen Soli des Saxophonisten Mulo Francel, des Gitarristen Robert Wolf sprechen mal wütend, mal sanft von der Liebe in den musikalischen Sprachen der Welt. Das Akkordeon Andreas Hintersehers unterfüttert mit Melancholie, weint und kreischt, der Bass D.D. Lowkas zerzupft die Welt in Emotion. Ein Sammelsurium von obskuren Instrumenten kommt zum Einsatz, eine neapolitanische Mandoline, ein Psalter, eine montenegrinische Gusle. Quadro Nuevo spielen arrangierte Traditionals, verschollene Schätze oder Bekannteres, meist jedoch Eigenkompositionen. Oft hat man das Gefühl, man kennt die Melodie, den Film im Kopf dazu. Wahrscheinlich glaubt man nur, das zu kennen. Aus den eigenen Träumen.

Karl Hafner

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