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Kultur: Schnaps oder Schampus

LITERATUR

Man erkennt eine Gesellschaft auch an den Berufen, die sie hervorbringt. Der Discjockey etwa ist nicht nur aus der Musik nicht mehr wegzudenken, sondern auch kaum eine Bar, Vernissage oder Buchpremiere kommt mehr ohne ihn aus. Nach Ulf Poschardts DJ-Dissertation „DJ Culture“ und Hans Nieswandts DJ- Autobiografie „plus minus acht“ ist nun mit Michael Löschs Auflegen (Piper Verlag, 260 Seiten, 13 €) auch ein DJ-Roman erschienen. Schnaps oder Schampus, Hardrock oder House, Uschi oder Ursel: der spätpubertäre Florin kann sich nicht entscheiden, folglich nimmt er von allem. Seine Musik mixt er so: „Ein Drittel Bekanntes gegen zwei Drittel Unbekanntes oder Aktuelles.“ Für das Büchlein gilt dasselbe – nur umgekehrt. Es will keine große Literatur sein, könnte aber wenigstens die „coole DJ-Story um Musik und die große Liebe“ erzählen, die der Klappentext verspricht. Doch Florin versteht von beidem nichts. Im Lokalkolorit süddeutscher Plapperprosa kommt sich der ortsfremde Leser vor wie in einer Provinzposse. Als Korrektiv muss eine HIV-Infektion in das bayerische Halli-Galli einbrechen, die sich dann doch vorhersehbar als Irrtum erweist. All dies unterhält mäßig; ärgerlich ist aber der Anhang, der unvermittelt nebst einer alphabetisch geordneten (!) „Playlist“ die Verfolgungsgeschichte eines Münchner Juden dokumentiert. Das soll dem Heimatroman wohl historische Tiefe verleihen, bleibt aber Effekthascherei.

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