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Kultur: Schöner sterben

LIEDERABEND

So schön kann man sich täuschen. „Easylistening Barock“, hoffte Andreas Scholl, seien die unbekannten römischen Kantaten, die er in seinem neuesten Album „Arcadia“ versammelte. Der Applaus im Konzerthaus, wo der gefeierte Countertenor etliche Stücke aus der CD vorstellte, lässt etwas anderes vermuten. Denn das langsame aber mächtige Crescendo, das dem Riesenjubel vorausgeht, deutet auf das stille Glück konzentrierten Hörens hin – und das äußert sich erst in voller Kraft, wenn sich die innere Spannung gelöst hat. Keine Silbe mochte man verpassen bei diesen verspielt-experimentellen Werken von Vivaldi, Scarlatti und Zeitgenossen. Deswegen eine kleine Bitte an die Firma Piepenbrock innovative Dienstleistungen: Geben sie Ihrem kulturellen Gewissen einen Ruck und spendieren sie für Ihre Anzeigen noch ein paar Euro mehr, damit sich das Konzerthaus eine gut lesbare zweisprachige Ausgabe galanter Kantatentexte leisten kann – und womöglich noch einen Germanistikstudenten dazu, der die Übersetzung in vernünftiges Deutsch verwandelt. Denn nicht jeder Sänger kann zwei Vokabeln wie „morire potró“ derart viele gehauchte, gesungene, herausgestoßene, genervte oder verzweifelte Bedeutungsnuancen abtrotzen, wie Scholl es vermag.

Blitzwach und voll berstender Musikalität begleitet die Accademia Bizantina. Und nötigt bei dem lustvoll improvisierten Hahnenschrei in Gasparinis Kantate „Ecco, alfin ritorno“, den Scholl schon Hunderte Male gehört haben muss, sogar dem Solisten ein spontanes Lächeln ab.

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