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Kultur: Schöner zögern

Mumblecore sagen manche zu einer Strömung des jungen amerikanischen Indie-Kinos, in der viel genuschelt wird. In Andrew Bujalskis drittem Film „Beeswax“ sind die Worte zwar klar artikuliert.

Mumblecore sagen manche zu einer Strömung des jungen amerikanischen Indie-Kinos, in der viel genuschelt wird. In Andrew Bujalskis drittem Film „Beeswax“ sind die Worte zwar klar artikuliert. Doch auch hier geht es um das grundsätzliche Dilemma: Die Menschen sind angewiesen auf etwas, das ungenau und unzuverlässig ist – das gesprochene Wort. Jeannie (Tilly Hatcher), seit ihrer Jugend im Rollstuhl, lebt mit Zwillingsschwester Lauren (Maggie Hatcher) in Austin, Texas. Gemeinsam mit Amanda betreibt sie eine SecondHand-Boutique. Meinungsverschiedenheiten darüber, wie der Laden zu führen sei, haben beide voneinander entfremdet. Jetzt droht Amanda mit dem Anwalt. Hilfe findet Jeannie bei ihrem Ex-Freund, der gerade sein Jurastudium beendet. Auch Lauren steht vor einem Umbruch: Nach der Trennung von ihrem Freund kommt ein Jobangebot in Nairobi gerade recht.

Eine unterhaltsame Thirty-something-Komödie könnte das werden. Doch Bujalski und sein zumeist aus Laien bestehendes Ensemble vermeiden Klischees: „Beeswax“ verzichtet auf Konfliktzuspitzung, bleibt skizzenhaft, widersprüchlich. Der Film erzählt seine Geschichte anhand jener kleinen, leeren Momente in den Alltagsdialogen seiner Figuren.

Diese Dialoge kreisen, gehen am Ziel vorbei oder schießen weit darüber hinaus. Wenn es zu einer Entscheidung kommt, dann eher zufällig und von ungefähr – wie das „inoffizielle“ Wiederaufflammen der Liebe von Jeannie und Merrill. „Es war sengend heiß“, sagt sie nach einer Liebesnacht, schiebt aber hinterher: „Ich hatte ein anderes Wort gemeint.“ Keiner legt sich fest. Das fortwährende Aufschieben von Entscheidungen erinnert an Filme von Eric Rohmer und Richard Linklater. Aus der Hand eines weniger erfahrenen Filmemachers könnte das zur Geduldsprobe werden, doch Bujalski gewinnt dem Spiel Spannung ab – und eine dem Alltag abgelauschte, präzise Komik. Ein Film über die Unsicherheit durchschnittlicher Mittdreißiger, die nicht wissen, wie sie die Stufe nehmen sollen, die vor ihnen liegt. Sebastian Handke

fsk am Oranienplatz (OmU)

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