zum Hauptinhalt

SCHREIB Waren: Joggen und schwimmen

Steffen Richter besichtigt den deutschen Herbst der Literatur

Er ist wahrlich ein Sportler unter den Schreibern: Meist joggt John von Düffel durch die Straßen oder schwimmt in Hotelpools, manchmal tippt er auch einen Roman oder ruft die neue Autorengeneration der Wassertrinker aus. Dann joggt er wieder und schwimmt wieder und freut sich, als Elke Heidenreich sein Buch in die Kamera hält. Eines muss man der „Houwelandt“-Dokumentation über von Düffel lassen: Sie entzaubert den oft wundersam wirkenden literarischen Betrieb und zeichnet ein ziemlich peinliches Porträt des Autors als großen Jungen. Nun hat dieser große Junge ausgerechnet einen Roman übers Kinderkriegen geschrieben. „Beste Jahre“ (DuMont) heißt die Geschichte, die von einer offenbar verzweifelten Jury sogar auf die Longlist des Deutschen Buchpreises gehievt wurde. Es geht um Vaterglück mit 40 und die Fährnisse der sogenannten Reproduktionsmedizin. Das Thema ist durchaus aktuell und interessant (Demografie!), was von Düffel am 15.11. (20 Uhr) in den Literarischen Salon der Allianz führt (Treptowers 1, Treptow).

Da fragt man sich, was aus dem deutschen Herbst der Literatur geworden ist, den die Feuilletons vorausgesagt hatten. Wirklich Mitreißendes und Außergewöhnliches kommt nur aus dem Osten. Zum Beispiel aus Rumänien. Mircea Cartarescus Buch „Die Wissenden“ (Zsolnay), das er selbst eine „fliegende Kathedrale“ nennt, ist Bestandteil einer Trilogie, deren Aufbau einem barocken Flügelaltar folgt – und einem Schmetterling gleicht. Es geht um das Bukarest der sozialistischen Plattenbauten, um den metaphysischen Kampf von Gut gegen Böse, um Begehren und Tod. Was erzählt wird als surrealer Rausch und fantastischer Mythos. Cartarescu ist mit seinem wilden Roman am 14.11. (20 Uhr) im Literaturhaus zu Gast (Fasanenstr. 23, Charlottenburg).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false