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SCHREIB Waren: Der Kaiser und die Guerilleros

Die Woche steht im Zeichen fortwährender Desillusionierung. Beginnen wir mit Ingo Schulze.

Die Woche steht im Zeichen fortwährender Desillusionierung. Beginnen wir mit Ingo Schulze. Der Autor, der mit „33 Augenblicke des Glücks“, „Simple Storys“, „Neue Leben“ und „Handy“ bekannt wurde, geht nun in seinem Essay „Unsere schönen neuen Kleider. Gegen eine marktkonforme Demokratie – für demokratiekonforme Märkte“ mit der Politik ins Gericht. Den Begriff der „marktkonformen Demokratie“ schuf Angela Merkel, gemeint ist, dass sich die Spielregeln des Gemeinwesens nach denen der Kapital- und anderer Märkte auszurichten hätten. Schulze sieht dies nicht nur definitiv anders, er fragt auch, wie es eigentlich komme, dass dieser Ausdruck nicht hinterfragt wurde. Begriffe, die nicht diskutiert werden, haben die Eigenart, sich zu verselbstständigen und für die Realität gehalten zu werden. Im Rückgriff auf Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ will Schulze klären, warum sich neue politische Denkmuster etablieren können, obwohl sie den Wahrnehmungen vieler widersprechen. Am Mittwoch stellt der Autor seine Thesen im Buchlokal Pankow (Ossietzkystr. 10, 19.30 Uhr) vor.

Aber auch bei ausgewiesenen Kapitalismuskritikern liegt einiges im Argen. In seinem Agententhriller „Anleitung zum Guerillakrieg“ nimmt der brasilianische Autor Marcelo Ferroni die Revolutionsikone Ernesto Che Guevara ironisch aufs Korn. Nach den gescheiterten Aufstandsversuchen im Kongo will der Revolutionsführer den politischen Kampf nach Bolivien tragen. Doch die Guerilleros kämpfen nicht nur gegen die bolivianische Armee, sondern vor allem mit Ches Sprunghaftigkeit. Marcelo Ferroni nutzte neben bekannten Dokumenten wie Guevaras Tagebuch auch CIA-Archivmaterial, das erst kürzlich zugänglich wurde. Die Lesung auf Portugiesisch und Deutsch findet an diesem Dienstag im Ibero-Amerikanischen Institut statt (19 Uhr, Potsdamer Str. 37).

Die Bilanz bis hierher könnte lauten: „Klar sehen und doch hoffen“. Genau dies will Friedrich Schorlemmer, der in seiner gleichnamigen Autobiografie auf sein Leben als Pfarrer und Bürgerrechtler in der DDR zurückblickt. Gegen die Repressionen des Staates habe ihm die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, Literatur, Musik und der Glaube geholfen. Am Donnerstag liest der Autor in den Dahlemer Museen (Lansstr. 8, 19.30 Uhr).

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