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SCHREIB Waren: Fügungen und Übungen

Manchmal geht es einem mit den Literaturveranstaltungen wie mit den Touristen: Schön, dass es so viele sind – aber müssen es wirklich so viele sein? Diese Woche jedenfalls kann einen das Angebot schlichtweg erschlagen, die Auswahl fällt schwer.

Manchmal geht es einem mit den Literaturveranstaltungen wie mit den Touristen: Schön, dass es so viele sind – aber müssen es wirklich so viele sein? Diese Woche jedenfalls kann einen das Angebot schlichtweg erschlagen, die Auswahl fällt schwer. Sicherlich interessant wird der Vortrag „Between You and Me: Art and Analysis“, den die Schriftstellerin Siri Hustvedt im Rahmen der psychoanalytischen Vorlesungsreihe „Pathologien der Moderne – Gewissheit als Fiktion“ hält (Dienstag, 20 Uhr, Kinosaal der Humboldt Universität, Unter den Linden 6). Hustvedt hat sich – etwa in „Die zitternde Frau“ – intensiv mit neurologischen und psychoanalytischen Themen beschäftigt. In diesem Fall war die Autorin selbst Subjekt und Objekt der Erkenntnis: Regelmäßig von einem unerklärlichen Zittern befallen, suchte sie in der Fachliteratur nach Erklärungen für ihre rätselhafte Erkrankung. Man darf also gespannt sein, welche Erkenntnisse sie dabei zum nicht immer störungsfreien Verhältnis von Seelen- oder Nervenkunde und literarischer Reflexion gewonnen hat.

Am Montag wird hingegen das Politische literarisch bearbeitet. Das Poesiefestival (Akademie der Künste, Hanseatenweg) steht an diesem Tag im Zeichen des Nil und seiner Anrainerstaaten. Die Spoken-Word-Dichterin Ngwatilo Mawiyoo nutzt alle Formen, die die Poesieszene Kenias entwickelt hat: Gedichte erscheinen auf Blogs und Youtube, in Filmen und im Radio, werden mit Fotos verbunden. Euphrase Kezilahabi schreibt als Erneuerer der Swahili-Literatur über Sexualität und gesellschaftliche Veränderungen (17 Uhr). Unter der Frage: „Und als der Krieg zu Ende war ...?“ sprechen Autoren dann über die politische Situation in ihren Ländern: So startete der Dichter und Zeitungsherausgeber Al-Saddiq Al-Raddi ein Übersetzungsprojekt, das Autoren des von Kämpfen zerrütteten und nun mehr in Südsudan und (nördlicher) Sudan geteilten Landes verbindet. Der Dichter und Jurist Hama Tuma floh als Menschenrechtsaktivist ins Exil - schon Lächeln kann in Äthiopien ein kriminelles Delikt darstellen, wie der Fall einer verurteilten Frau zeigt (18.30 Uhr). Auch die ägyptische Autorin Fatima Naoot und die kenianische Dichterin und Literaturprofessorin Micere Githae Mugo setzen sich mit ihrer Dichtungen für die Meinungsfreiheit ein. Um 20 Uhr erzeugen alle zusammen dann den „Klangkörper Nil“ – auf Amharisch, Englisch, Arabisch und Swahili.

Vielleicht macht der Ausflug in die imaginäre Ferne ja Lust, selbst ein bisschen die Umgebung zu erkunden und, tja, selber den Touristen zu spielen. Diese Möglichkeit bietet der Sonntag: In der Kulturgießerei (15566 Schöneiche, An der Reihe 5, 16 Uhr) liest Silke Riemann, begleitet vom Saxofonisten Burkhard Schmidt, aus ihrem lustigen Kurzgeschichtenband „Fügungen“.

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