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SCHREIB Waren: Papagei mit Knieproblemen

Klappern gehört zum Handwerk und ein guter Buchtitel ist schon die halbe Miete. Wir beginnen an diesem Dienstag: Marc Degens „Das kaputte Knie Gottes“ – eine orthopädisch-theologische Abhandlung?

Klappern gehört zum Handwerk und ein guter Buchtitel ist schon die halbe Miete. Wir beginnen an diesem Dienstag: Marc Degens „Das kaputte Knie Gottes“ – eine orthopädisch-theologische Abhandlung? Weit gefehlt. Ganz irdisch geht es um Freundschaft und Verrat, Künstlerkarrieren, hochfliegende Pläne und schmerzhafte Bauchlandungen. Locker erzählt und mit der Portion Abgründigkeit ab 20.30 Uhr im Monarch (Skalitzer Str. 134) zu erleben.

Bekenntnishaft geht es hingegen am Mittwoch um 20 Uhr zu. Uli Hannemann hat mit „Neukölln, mon amour“ eine neue Liebeserklärung an den oft als Problembezirk verrufenen Stadtteil geschrieben. Wer Neukölln kennt, weiß, dass wie jede Passion auch diese nicht ohne eine gehörige Portion Alltagsirrsinn zu haben ist. Hier heißt es Humor bewahren und da ist man mit Hannemann im Heimathafen Neukölln (Karl-Marx-Str. 141) an der richtigen Adresse.

Am Donnerstag folgt ein Ratschlag für Ehemüde: „Gießt Du meine Pflanze, entsorge ich Deine Frau“. Richtig: Arbeitsteilung ist immer gut in diesen stressigen Zeiten. Stephan Hähnel liest seine Kurzgeschichten um 20 Uhr in der Brotfabrik (Caligariplatz 1).

Ein schönes Selbstbekenntnis hat der Schauspieler Gert Voss für seine Autobiografie gewählt: „Ich bin kein Papagei“. Voss erzählt diese als „Theaterreise“, als deren Begleiter Regisseure wie Claus Peymann, Peter Stein und Peter Zadek firmieren. Aus seinem ersten Zusammenstoß mit Peymann ging auch der Buchtitel hervor: Voss wollte nicht einfach nachplappern, was sich der Regisseur für ihn ausgedacht hatte und knallte ihm „Ich bin nicht Ihr Papagei!“ an den Kopf. Voss liest am Sonntag um 20.15 Uhr im Berliner Ensemble (Bertolt-Brecht-Platz 1) – mit von der Partie ist natürlich auch dessen Intendant Claus Peymann.

Titel sind Paratexte: Sie sollen die Leser auf den Inhalt einstimmen. Wie man die geheime Macht dieser Paratexte steigert, hat Thomas Bernhard mit seinem Theaterstück „Ritter, Dene, Voss“ vorgemacht: Er benannte es nach seinen Lieblingsschauspielern – dazu zählte Gert Voss – und sorgte so dafür, dass es mit diesen besetzt werden musste. Titel können also auch eine milde Form ästhetischer Diktatur sein.

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