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Schriftstellerin: Carola Stern gestorben

Die Publizistin Carola Stern ist tot. Wie der Verlag Kiepenheuer & Witsch mitteilte, starb Schriftstellerin am Donnerstagabend im Alter von 80 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit.

Köln/Berlin - Carola Stern galt als eine der wichtigsten deutschen Publizistinnen der Nachkriegszeit, die sich immer wieder politisch engagierte. Mit ihren kenntnisreichen wie einfühlsamen historischen Biografien gelangen ihr mehrere Bestseller. Sie war Mitbegründerin der deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und PEN-Vizepräsidentin. Politiker und Publizisten würdigten die Journalistin am Freitag als aufrichtig und unerschrocken.

Noch vor kurzem hatte die PEN-Ehrenpräsidentin mit Freunden und Mitstreitern ihren Geburtstag gefeiert. Stern wurde als Erika Assmus am 14. November 1925 im Seeheilbad Ahlbeck auf Usedom geboren, wo sie auch im engsten Familien-und Freundeskreis beigesetzt werden soll. Als Mädchen war sie von den Nazi-Parolen begeistert, wie sie später in ihren ersten Memoiren einräumte. Das Pseudonym «Carola Stern» wählte sie in Anlehnung an die drei Sterne unter ihren Texten, als sie 1951 die DDR in Richtung West-Berlin verließ und aus Gründen des Selbstschutzes nicht unter ihrem Namen veröffentlichen wollte. Nach Studium und Lehrtätigkeit an der Freien Universität Berlin wurde sie Journalistin.

In den 60er und 70er Jahren wirkte sie als Verlagslektorin bei Kiepenheuer & Witsch und als Kommentatorin beim Westdeutschen Rundfunk. Sie setzte sich für Willy Brandts Ostpolitik, für die Friedens- und Frauenbewegung und später für die Entschädigung von Zwangsarbeitern ein. Zusammen mit Erhard Eppler und Johannes Rau rief sie die Gustav-Heinemann-Initiative ins Leben. Mit Heinrich Böll und Günter Grass begründete sie die literaturpolitische Zeitschrift «L 76». Stern veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter Biografien über Dorothea Schlegel und Rahel Varnhagen.

Für Schlagzeilen sorgte 2001 ihre zweite Autobiografie «Doppelleben», die als ungeschönt gepriesen und auch verfilmt wurde. Darin bekannte sie, in der Nachkriegszeit im Auftrag des CIA in die SED eingetreten zu sein - um ihre krebskranke Mutter medizinisch besser versorgen zu können. Zuletzt schaffte sie mit dem Buch «Auf den Wassern des Lebens. Gustaf Gründgens und Marianne Hoppe» den Sprung in die Bestsellerlisten. Stern wurde mit zahlreichen bedeutenden Preisen ausgezeichnet, darunter die Carl-von-Ossietzky-Medaille, der Staatspreis von Nordrhein-Westfalen und das Große Bundesverdienstkreuz.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) nannte Stern eine «eindrucksvolle Persönlichkeit und eine bedeutende Chronistin ihrer Zeit». Ihr Lebensweg sei beispielhaft für viele ihrer Zeitgenossen gewesen: der Verlust der Heimat, die Suche nach politischer Orientierung und ihr Engagement für die Demokratie. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte: «Ihre Stimme war bedeutend, wenn es darum ging, Freiheit, Recht und Gerechtigkeit zu verteidigen und aufzubauen. Diese Stimme ist nun verstummt, ihre Bücher und ihre Texte bleiben.»

Das PEN-Zentrum Deutschland würdigte Stern als «mutige, unerschrockene Journalistin». «Freimütig wie selten jemand erzählte sie von ihren Bindungen an zwei Ideologien», sagte der Generalsekretär der Autorenvereinigung, Wilfried F. Schoeller. «Gerade weil sie schonungslos ihre frühen Verstrickungen in den Nationalsozialismus und in den Sozialismus der Aufbau-DDR offen legte, konnte sie einen großen Beitrag für eine demokratische Kultur, für Toleranz und politische Verständigung leisten.»

Amnesty International reagierte mit Bestürzung auf den Tod Sterns. Die deutsche Generalsekretärin Barbara Lochbihler sagte, die Streiterin für die Menschenrechte sei vielen Mitgliedern ein Vorbild an Entschlossenheit und persönlichem Engagement gewesen. Der Verleger von Kiepenheuer & Witsch, Helge Malchow, würdigte Stern als «öffentliche Intellektuelle»: «Sie war mit Sicherheit eine außergewöhnliche Frau des öffentlichen, politischen und publizistischen Lebens der Bundesrepublik.» WDR-Intendant Fritz Pleitgen sagte: «Carola Stern hat als Journalistin und Kommentatorin, als Publizistin und Schriftstellerin Herausragendes geleistet und für den politischen Journalismus Maßstäbe gesetzt.» (tso/dpa)

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