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Kultur: Schuld und Ranküne

PANORAMA Der polnische Erfolgsfilm „Komornik“

Niemand ist ohne Schuld in diesem Film. Die einen schulden Geld, die anderen treiben es ein – und werden dadurch schuldig. Einen Mittelweg gibt es nicht. Doch die Schuldeneintreiber sind keine Kriminellen, die mit Billigung der Polizei ihr Unwesen treiben, sondern ganz offizielle Staatsbeamte mit eigenem Büro im Justizgebäude. Dementsprechend arrogant und selbstbewusst treten sie auf. In den furiosen ersten Minuten hastet Lucek Bohme (Andrzej Chyra) mit einem Vollstreckungsbescheid in der Hand durch die Gänge eines Krankenhauses. Nicht einmal die Intensivstation ist ihm heilig: Er beschlagnahmt ein Beatmungsgerät, obwohl ein sterbenskranker Mann daran angeschlossen ist.

Lucek macht seinem Namen alle Ehre: Lucek leitet sich ab von Luzifer. Seine Vorgehensweise ist vielleicht zu drastisch, um wahr zu sein, aber im Film muss man gelegentlich übertreiben, um ein Problem auf den Punkt zu bringen. Luceks Vorgesetzte pfeifen ihn zurück, mehr wegen der schlechten Presse als aus eigener Empörung. Aber der Mann bleibt sich treu und drangsaliert weiter die Ärmsten der Armen.

Er gräbt nach der Leiche einer alten Frau, um nachzuweisen, dass ihr Enkel die Rentenkasse betrügt. Einem asthmakranken Mädchen nimmt er die Ziehharmonika weg, unbeirrt von ihren Hustenanfällen. Einen verarmten, immer noch beliebten Fußballstar treibt er in den Selbstmord. Was ist das für ein Mensch? Warum tut er das? Als Kind wurde Lucek von seinem Vater misshandelt, jetzt rächt er sich. Natürlich ist er unfähig, eine Beziehung zu führen, obwohl ihn die Frauen begehren. Er lebt allein und macht sich Fertiggerichte in der Mikrowelle warm.

Feliks Falks „Komornik“ ist ein trostloser Film, inhaltlich wie optisch: Die Farbpalette scheint nur aus Braun, Gelb und Grün zu bestehen. Solange der Regisseur seiner Hauptfigur folgt, gelingt ihm eine ausgezeichnete Charakterstudie. Doch dann greift er zur Moralkeule. Lucek plagen Gewissensbisse. Er hat eine Erleuchtung und will Gutes tun, doch die Opfer lehnen seine Hilfe ab. Zu spät! Das Publikum wird aufgefordert, mit dem Finger auf den Sünder zu zeigen und schadenfroh auf seinen sozialen Abstieg zu reagieren. Das ist billig und vordergründig. Fragwürdig auch, dass das Eintreiben von Schulden pauschal als kriminell dargestellt wird. In Polen hat „Komornik“ mehrere Preise gewonnen, und eine polnische Auswahlkommission hat ihn ins Oscar-Rennen geschickt. Ohne Erfolg. Zu fremd bleibt seine Ideologie. Die glänzend gespielte Charakterstudie weicht religiöser Propaganda.

Heute 21.30 Uhr (Zoo-Palast); 16. 2., 13.30 Uhr (Cinemaxx 7)

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