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Catrin Barnsteiner.

© Frank Rothe

Schwaben-Roman: Mach kleine Dummheiten!

Amtlich: Catrin Barnsteiners Romandebüt „Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung“ ist eine kurzweilige romantische Komödie und spielt in der schwäbischen Provinz.

Catrin Barnsteiner hat eine lustige Liebesgeschichte geschrieben, mit drei schwäbischen Steuereintreibern in den männlichen Hauptrollen. Wie bitte? Ja, mit etwas Einfühlungsvermögen geht so etwas tatsächlich. Unter der Voraussetzung natürlich, dass man nicht aus Berlin stammt.

Fred ist ein klassisches 68er-Opfer. Er wurde so autoritär anti erzogen, dass er zum Spießer werden musste. Aus purem Protesttrieb. Lange, bevor Fred zum ersten Mal einen Zirkus von innen sah, war er schon auf Veranstaltungen für artgerechte Tierhaltung gewesen. Auf den Schultern des Vaters hatte er gegen Amerika, die Castortransporte und Helmut Kohl demonstriert – bis er seinen Eltern mitteilte, er werde jetzt von der Waldorfschule aufs Wirtschaftsgymnasium wechseln. Von da ging es schnurstracks in den Staatsdienst. Unter den Böblinger Finanzbeamten gilt er als schärfster aller Betriebsprüfer.

Und dann lernt Fred die chaotische Gärtnerin Sandra kennen – was wiederum sein manisch strukturiertes Leben heftig durcheinanderbringt. Aber natürlich erreicht „Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung“ nach 222 Seiten dann doch das genretypische Happyend (Bloomsbury Berlin, 12,99 €). Was die 1975 geborene Autorin mit leichter Hand entwirft, hätte früher ein prima Operettenlibretto abgegeben. Die wahren Qualitäten aber zeigen sich ja nicht in der vorhersehbar abschnurrenden Story, sondern in den kleinen dramaturgischen Widerhaken.

Wenn die Lektüre gar zu wohlig wird, hat Catrin Barnsteiner stets eine Volte parat, eine extravagante Metapher, ein küchenphilosophisches Bonmot. „Ich stelle mir vor, dass die Wirklichkeit ein Buch ist. Aber die meisten Leute tun so, als hätte das Buch nur Vorderseiten. Selbst wenn sie umblättern: Sie lesen immer nur die rechte Seite und nie das, was hinten draufsteht. Und dann wundern sie sich, wenn die Hälfte keinen Sinn macht.“

In der „Danksagung“ schreibt die in Baden-Württemberg aufgewachsene Autorin: „Meine Familie ist eine, um die ich mich selbst beneide.“ Und ganz besonders liebevoll sind im Buch auch die Schläpples gezeichnet. Vor allem der Vater, eine Art Robin Hood der Steuereintreiber. Einmal im Quartal trommelt er seine Lieben zusammen, um dann aus einer Suppenschüssel nach und nach private Quittungen zu fischen: Wem zuerst ein plausibler finanzamtsfreundlicher Verwendungszweck einfällt, darf den Beleg beim Fiskus einreichen. Ein ganz und gar unschwäbischer Lebenskünstler, der seiner kleinen Tochter stets morgens von der Häusletür hinterherrief: „Mach kleine Dummheiten!“

Am 23. August liest Catrin Barnsteiner um 20.30 Uhr in der Buchhandlung Uslar & Rai, Schönhauser Allee 43 (Moderation: Knut Elstermann), am 31. August tritt sie um 18.30 Uhr bei der Berliner Büchernacht in der Kulturbrauerei auf.

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