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Kultur: Schwarz siegt

Reis ist mehr als eine Sättigungsbeilage – und liegt mit seinen ungeschliffenen Sorten sogar im Trend.

Traditionell betrachtet man als Zentrum ein Stück Fleisch samt Sauce und ordnet ihm alles Weitere unter. Die kohlehydratreichen Beilagen stehen bloß im Ruf des Dickmachers. Am besten erwürgt man sie mit Sauce ... Davon noch am wenigsten betroffen ist der Reis. Vielleicht weil man sich wenig Gedanken macht über das Hauptnahrungsmittel der halben Menschheit. Eher unbekannt sind rote und schwarze Varietäten, bei denen weder Silberhäutchen noch Keimling entfernt wurden. Im Unterschied zu dem aus der Mode gekommen Wildreis liegen sie im Trend, weil Vollkorn das Image des Asketischen verloren hat. Mit Neugier begab sich deshalb die monatliche Testrunde zum „Brenner“ in der Nähe des Viktoria-Luise-Platzes, wo Chefkoch Robert Lasarow gleich alle Töpfe unter Feuer nahm, denn diese Sorten verlangen Garzeiten. Prinzipiell ist es gut, wenn Vollkornreis zwei Mal gewaschen und noch für eine Viertelstunde eingeweicht wird.

Beim roten Reis stellte sich schon bei den ersten Sorten, einem „Bio Roter Camarguereis“ aus dem Frischeparadies in der Morsestraße sowie „Viani Roter Camargue Reis“ aus dem KaDeWe, eine gewisse Ernüchterung ein. Es dominiert mehlige Breite – aber erst nach ausgiebigem Kauen, das, wie Lasarow meinte, den Spaß verdirbt. Wie Gerste, die nicht weich werden will, wirkte auf Brenner-Inhaber Anton Stefanov „Grell Naturkost Roter Reis“. Obwohl bei allen Sorten die gleiche Menge Salz verwendet wurde, machte es sich unterschiedlich bemerkbar. So schlägt es beim „Red Cargo Reis“ vom Asiamarkt Vinh Loi in der Ansbacher Straße geradezu durch, während es im aromafrei scheinenden Bioerzeugnis „Davert Roter Reis“ und im getreidigen „Wolfram Berge Roter Reis aus der Camargue“, das bei Perfetto im Kaufhaus Wertheim angeboten wird, eher untergeht. Noch am besten gefiel der Runde der aus der gleichen Quelle stammende „Küper Roter Langkornreis aus der Camargue“. Dort kommen Duft und Charakter zum Ausdruck.

Einmal unter den Schwarzen – und schon wendete sich das Bild. Wo Nudeln vor allem mit Formen aufwarten, können Kartoffeln und Reis innere Qualitäten in die Waagschale werfen. Was Vinh Lois preiswerten „Three Coconut Glutinous Rice“ betrifft, so kommen geschmackliche Züge wie von Kartoffel und Marone zum Vorschein – fast eine Alternative zu Gnocchi. Mit einem längeren Aroma ausgestattet sind der italienische „Schwarzer Venere Reis“ von Frischeparadies und der gleichlautend deklarierte von „Viani“ aus dem Leitkaufhaus am Wittenbergplatz. Allerdings siegt bei beiden eine klebrige Schwere über den Nussaspekt. Etwas ausgeprägter zu finden in der Naturkostmarke „Davert Schwarzer Piemont Reis“ ist die fettige, an Leinöl erinnernde Art, die ihn meilenweit von herkömmlichem Reis entfernt. Dieser Anteil bildet eine gute Brücke zu dunklem Fleisch, einer Poularde oder Pulpo, den Anton Stefanov dazu servieren würde.

Wenn es bei diesem Test überhaupt Sieger geben kann, dann waren es zwei Sorten, die alle Vorzüge von Vollkornreis in sich vereinten. Dem piemontesischen „Reishunger Vollkorn Bio-Nerone“ vom ohnehin bewundernswert bestückten Feinkostladen Goldhahn und Sampson am Helmholtzplatz sowie „Lotao Royal Pearl Black – Der schwarze Reis der Mächtigen“ (Galeries Lafayette, KaDeWe und Frischeparadies) fehlen weder Nuss- und Leinöltöne noch das charakteristische „grüne“ Getreidearoma. Aber ihre harmonische Geschlossenheit und ein angenehmes Mundgefühl heben sie über die Konkurrenz hinaus. Lotao-Gründer und „Risolier“ Stefan Fak ist es in Berlin überdies gelungen, eine ansprechend verpackte Reis-Couture zu entwickeln, etwa die auf schwarzen Reis abgestimmte Gewürzmischung „Royal Perl Perfectioner“aus Rosen- und Klatschmohnblüten, Mandeln und Muskat.

Gastgeber: Restaurant Brenner, Schöneberg, Regensburger Str. 7, Tel.: 23624470

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