zum Hauptinhalt

Kultur: Schwebelos

Ausgetanzt: Richard Gere in „Darf ich bitten?“

Tanzstunde? Es gibt wohl wenige, die die ersten Schritte auf dem Parkett mit angenehmen Erinnerungen verbinden. Viele haben sich der Qual gleich durch Verweigerung entzogen. Und holen nun nach, was damals versäumt wurde. Tanzen, ob Samba oder Tango, ist wieder en vogue, in der Single-Großstadt Berlin mehr als irgendwo sonst.

Für den Anwalt John Clark (Richard Gere) aus Chicago ist das anders. Tanzen steht nicht auf seiner Agenda, wenn er abends mit dem Vorortzug nach Hause fährt. Warum auch? Dort warten Frau (Susan Sarandon) und Kind – und die eingespielte Abendroutine einer amerikanischen Mittelklassefamilie. Warum dieser Mann – gemeinsam mit einigen bemitleidenswerten Mitstreitern – unbedingt das Tanzbein schwingen will, ist nicht einzusehen. Entfremdung vom eigenen Körper (und Leben) ist das Motiv, das Peter Chelsoms Film uns nahe legen will. Und das er schnell verrät. Denn angelockt wird Clark durch eine melancholische Schöne (Jennifer Lopez) , die er des Abends am Fenster sieht. Es geht um Erotik, natürlich, vielleicht auch um Liebe. Um Tanz geht es nicht.

Da war die Vorlage, der japanische Überraschungserfolg „Shall we Dance“ von 1996, von anderem Format. Denn in Japan ist Gesellschaftstanz keineswegs anerkannt, sondern gilt als anrüchig. Dort Tanzstunden zu nehmen, erfordert mehr Mut als die Befürchtung, sich auf dem Parkett lächerlich zu machen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: „Darf ich bitten?“ ist ein freundlicher Film. Alles wird gut, macht er uns weis, und führt in Kürzestsequenzen die glückliche Zukunft aller Beteiligten vor. Das Wunder aber, dass jemand durch Tanzen verwandelt wird, dass jenseits von Schrittfolgen und Rhythmen ein Schweben entsteht, dieses Wunder findet nicht statt. Wirklich tanzen lernt Richard Gere nicht mehr.

In 23 Kinos, OmU im Cinemaxx Potsdamer Platz und im Cinestar Sony-Center

Christina Tilmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false