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Mit Schwung voran. Die Berliner Jugendtheater würden ihre Künstler gerne fair bezahlen können. Szene aus „Spaghettihochzeit“ im Atze Musiktheater.

© Jörg Metzner

Schwerpunkt auf Bildender Kunst: Berliner Kulturetat wächst auf über 600 Millionen Euro

Klaus Lederer stellt den Abgeordneten seine Pläne für den Kulturetat der kommenden Jahre vor. Es gibt wenig Kritik. Aber viele Fragen bleiben offen.

So funktioniert gelebte Demokratie: Der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses hat zur ersten Lesung des Etats von Senator Klaus Lederer geladen – und dermaßen viele Menschen wollen am Montag dabei sein, dass sich nicht nur der Beginn der öffentlichen Sitzung wegen der Einlasskontrollen verzögert, sondern sogar ein weiterer Raum geöffnet werden muss, in dem die Besucher die Debatte per Video verfolgen können.

Es geht um viel Geld, das in den kommenden beiden Jahren ausgegeben werden kann. 538,8 Millionen Euro sind es 2019, 2020 steigt der Betrag um 55 Millionen, 2021 stehen dann sogar 606,8 Millionen Euro zur Verfügung. Seit dem vergangenen Herbst haben die Mitarbeiter der Kulturverwaltung den Etat vorbereitet. Doch die Haushaltshoheit hat das Parlament. Darum wollen die Akteure der hauptstädtischen Kulturszene nun hören, welche eigenen Akzente die Parteien noch setzen wollen.

Tarifsteigerungen sollen um 100 Prozent ausgeglichen werden

Sabine Bangert von den Grünen, die mit schwäbischer Detailgenauigkeit den Vorsitz im Kulturausschuss führt, freut sich über das große Publikumsinteresse: „Es zeigt, welche enorme Bedeutung der Kulturetat für unsere Stadt hat.“

Zuerst hat der Senator das Wort. Klaus Lederer erläutert, wie sich die Aufwüchse aus seiner Sicht verteilen sollten. Den größten Batzen verschlingen zwei Maßnahmen zur Daseinsvorsorge: Da sind zum einen die Tarifsteigerungen, die zu 100 Prozent ausgeglichen werden. Bis zum Amtsantritt des Linken-Politikers war das keine Selbstverständlichkeit, im Gegenteil: Fast immer mussten die Institutionen die Mehrkosten für ihr Personal im künstlerischen Etat abknapsen. 14,8 Millionen Euro sind 2020 eingeplant für Tarifsteigerungen, im Jahr darauf sogar 20,9 Millionen.

Der andere große Batzen geht für Mieten drauf: Mit dem Berliner Immobilienmanagement wurden Verträge abgeschlossen, die künftig auch Summen für Bauunterhalt enthalten. Also das, was auch jeder Besitzer einer Eigentumswohnung monatlich als Instandhaltungsrücklage berappen muss. Um den Sanierungsstau bei den Kulturbauten langsam auflösen zu können, stehen zusätzlich ab 2021 pro Jahr zehn Millionen Euro im Rahmen eines Investitionsprogramms zur Verfügung.

Die flexiblen Mittel will Klaus Lederer unter anderem dafür nutzen, um die inklusive Theaterarbeit zu stärken, eine internationale Jugendbauhütte für Denkmalschutz einzurichten und den Landesmuseen endlich Gelder für Ausstellungsprojekte zur Verfügung zu stellen, die sie bislang über Drittmittel finanzieren mussten. Nachdem 2018/19 die Bühnen einen Schwerpunkt bildeten, sei nun die Bildende Kunst dran, betonte Lederer. Ein Plus von elf Millionen Euro wird es 2020 in dem Bereich geben, das 2021 auf 18 Millionen wächst. Außerdem wird es in den Museen ab April 2020 einen eintrittsfreien Sonntag pro Monat geben.

Richtig viel zu meckern finden die Abgeordneten angesichts dieser Zahlen nicht. Aber sie haben jede Menge Informationsbedarf en detail. 135 Nachfragen wurden dem Ausschuss im Vorfeld zugeleitet. Die meisten werden der Verwaltung in den kommenden Wochen viel Arbeit machen, weil sie in Form von schriftlichen Berichten beantwortet werden müssen. Das sind die Mühen der parlamentarischen Ebene.

CDU und AfD äußern Kritik

Bei der Runde der Kommentare zum Vortrag des Senators – jede Fraktion hat fünf Minuten – wird aber auch klar, wo es noch zu Verschiebungen im Etat kommen könnte. Bei der Literaturförderung zum Beispiel, die die CDU für inkonsequent hält. Oder bei den Kinder- und Jugendtheatern, die eine engagierte Lobbyarbeit betreiben und fordern, dass ihre Fördersummen sich am Anteil der Berliner Kinder orientieren sollten (18 Prozent sind aktuell unter 18). Damit die Künstlerinnen und Künstler in diesem Bereich nicht länger prekär bezahlt werden müssen.

Auch für den Tanz wird durch die Bank mehr Geld gefordert, sogar von der AfD. Gereizt reagieren die anderen Parteien dagegen auf deren Nachfragen zur Initiative der „Vielen“, einem Solidaritätspakt für die offene, pluralistische Gesellschaft. AfD-Sprecher Dieter Neuendorf entdeckt hier eine „staatlich gelenkte Kunst, wie sie in der DDR üblich war“, die einen „Kulturkampf“ gegen seine Partei führe. Regina Kittler von der Linken empfindet das Nachbohren der AfD in dieser Sache dagegen als „Gesinnungsschnüffelei“.

Bis zum 9. September muss Lederers Verwaltung die Fragen der Parlamentarier beantworten, am 16. September kommt es dann bei der zweiten Lesung zur Generaldebatte. Die Sitzung ist open end anberaumt.

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