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Kultur: Schwester Soul

Intim und präzise: Solange im Prince Charles.

„Losing You“, diesen Superhit mit mehr als vier Millionen Youtube-Clicks, spielt Solange gleich zwei Mal. Zunächst im hinteren Teil des Programms, dann keine Viertelstunde später noch mal als Zugabe. Das Publikum dankt’s – und tanzt auf eine Art und Weise, die den Verantwortlichen bei der GEMA, die sich unlängst so Mühe gaben, den Unterschied zwischen Konzert und Disco-Veranstaltung ganz genau zu definieren, den Schweiß auf die Stirn treiben würde.

Der Popsong, der souverän zwischen Soul und Wave, zwischen Modern Soul der Siebziger, Achtziger-Jahre-Produktion und kontemporärem Hipster-Pop der New Yorker Schule oszilliert, ist der Höhepunkt des Abends. Dessen Rahmenbedingungen sind allerdings mitunter äußerst mühsam.

Das Prince Charles neben dem Aufbau-Haus ist ein schöner Ort – aber eben auch einer, an dem höchstens die Hälfte der Besucher freien Blick auf die niedrige Bühne hat. Es ist übervoll und entsprechend heiß. Wer Getränke möchte, muss lange warten. Andererseits: Intimität hat ihren Preis. Und: Auch für das Publikum im hinteren Teil des Clubs lohnt das Hinhören. Wenn Solange ihren Soul singt und ihre vom musikalischen Direktor Dev Hynes (Lightspeed Champion, Blood Orange) geleitete Band dazu präzise, aber immer eine Spur neben dem Mainstream funkt, wird klar: Wir haben es hier nicht nur mit der kleinen Schwester von Superstar Beyoncé zu tun, sondern mit einer Sängerin, die nach über zehn Jahren im Musikgeschäft endlich ihren Platz gefunden hat. Ein von Hynes produziertes Album dürfte noch in diesem Jahr erscheinen, übrigens auf Terrible Records, der Plattenfirma von Chris Taylor, Bassist bei der vielgelobten Band Grizzly Bear. Es spricht viel dafür, dass Solange dann in deutlich größeren Clubs spielen wird. Jochen Overbeck

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