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Kultur: Secret Sound

Olaf Nicolai inszeniert Unerhörtes von Schumann

Wahrscheinlich war es in Berlin das längste Konzert aller Zeiten – und zugleich eine wunderbare Miniatur. Olaf Nicolai, dessen multimediale Installationen von der Documenta bis zum New Yorker Modern Art Museum im internationalen Kulturbetrieb immer wieder überraschende Akzente setzen, hat sich ein paar Töne, nicht mehr, von Robert Schumanns Klavierkomposition „Humoreske“ vorgenommen. Töne, die man sonst nie hört, denn sie gehören zu Schumanns Spezialität einer gleichsam zwischen den Notenzeilen notierten „inneren Stimme“. Also hing von Sonntagabend bis vergangene Montagmitternacht Schumanns Notenblatt, auf dem Nicolai die sonst vom Pianisten gespielte Hauptmelodie geschwärzt hatte, als einziges Stimm-Bild in den großen leeren Räumen der Galerie VeneKlasen/Werner in der Rudi- Dutschke-Straße. Dazu traten in einer jeweils freien, spontanen Choreografie 30 Stunden lang im Wechsel 30 Sängerinnen und Sänger auf. In ihrer Alltagskleidung unters Publikum gemischt, waren sie zuerst kaum zu erkennen. Nur zu hören. Denn sie summen und singen, mal lauter, mal leise, nichts als die wehmütig suggestiven Töne der „Inneren Stimme“: ein meditativ minimalistischer Sog a capella. Und ein sich symphonisch immer wieder neu verwebender Klangteppich. Bereits im September hatte der amerikanische Popgroßmeister Arthur Lindsay das Projekt „Symphony“ begonnen, Olaf Nicolais Performance war nun der zweite Teil einer Reihe, die das junge Berliner Team „Soundfair“ (Clara Meister, Thomas Mayer, Ari Benjamin Meyers) bis 2011 bei VeneKlasen/Werner mit internationalen Künstlern produziert. P.v.B.

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