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Kultur: Seelenabgründe

Bewegter, begeisterter Beifall, der auch das demonstrative Hervorheben der solistisch aktiven Musiker - und das sind an diesem Abend fast alle! - mühelos überdauert, insistierende Bravos und beinahe standing ovations: Mit seinem aus Israel stammenden, in Wien ausgebildeten Gastdirigenten David Shallon knüpft das Berliner Sinfonie-Orchester an seine von Kurt Sanderling begründete Schostakowitsch-Tradition an und übertrifft sie noch durch eine glänzende, tieflotende Interpretation der so lange mißverstandenen Fünften Sinfonie.

Bewegter, begeisterter Beifall, der auch das demonstrative Hervorheben der solistisch aktiven Musiker - und das sind an diesem Abend fast alle! - mühelos überdauert, insistierende Bravos und beinahe standing ovations: Mit seinem aus Israel stammenden, in Wien ausgebildeten Gastdirigenten David Shallon knüpft das Berliner Sinfonie-Orchester an seine von Kurt Sanderling begründete Schostakowitsch-Tradition an und übertrifft sie noch durch eine glänzende, tieflotende Interpretation der so lange mißverstandenen Fünften Sinfonie.Diesmal besteht kein Zweifel: Das Werk, mit dem der sowjetische Komponist 1937 auf die vernichtenden Angriffe der Kulturbürokratie antwortete, erklärt sich in keiner Note mit den stalinistischen Mächten einverstanden.Selbst die Schlußapotheose ist nicht das vielbeschworene "durch Nacht zum Licht": derart hart aufgetürmte Dissonanzen, so unerbittlich bohrende Repetitionen kann der knappe Umschlag in glänzende Dur-Akkorde nicht mehr auslöschen, er erscheint aufgesetzt und wird unmittelbar darauf von den Quartsprüngen der Pauke und großen Trommel, wie von brutalen Soldatenstiefeln, niedergetrampelt.Dieses Motiv beherrscht schon das Scherzo, das bei Shallon alles andere als "gesunde Lebensfreude" nur Beklemmung ausstrahlt und sich plausibel der abgrundtiefen "Lento"-Trauer, den barocken Klagegesten des ersten Satzes einfügt.

So bewegend, so deutlich auch in seinen Traditionsbezügen war dieses Werk selten zu hören.Wie Schostakowitsch sich, wenn auch meist ironisch verzerrt, auf Joseph Haydn berufen kann, darauf stimmt dessen Trompetenkonzert Es-Dur ein.Hier mobilisiert Sallon allen Charme der Streicher, kann Hakan Hardenbergers sanft timbrierte Trompete mit beiläufiger Grandezza unterstützen.Neben lässig hingelegten Läufen in verzwicktester Chromatik besticht der Solist geradezu durch Belcanto-Flair.Auch Kodßlys "Tänze aus Galanta" ließen in geschliffener, feinnerviger Darbietungeher einen leichtgewichtig-brillanten Abend erwarten, der dann bei Schostakowitsch in Seelenabgründe führte.

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