zum Hauptinhalt

SEHEN: Knecht Valentins Sicht der Dinge

Eigentlich ist das Theater ziemlich schnell dabei, sich Hits und Bestseller aus anderen Disziplinen einzuverleiben. Kaum ein erfolgreicher Romanstoff, der auf der Bühne noch nicht nachgenutzt und so gut wie kein Film, der nicht neu aufgerollt worden wäre.

Eigentlich ist das Theater ziemlich schnell dabei, sich Hits und Bestseller aus anderen Disziplinen einzuverleiben. Kaum ein erfolgreicher Romanstoff, der auf der Bühne noch nicht nachgenutzt und so gut wie kein Film, der nicht neu aufgerollt worden wäre.

So gesehen musste der Märchenfilmhit Drei Haselnüsse für Aschenbrödel – eine Koproduktion der tschechischen Filmstudios mit der ostdeutschen DEFA – ungewöhnlich lange auf seinen Bühnendurchbruch warten. Obwohl schon 1973 gedreht, entdecken viele Theater die emanzipiertere Aschenbrödel-Variante von Božena Nemcová nämlich erst in der diesjährigen Adventssaison. Leipzig lockt mit dem Original-Soundtrack von Karel Svoboda, während in Berlin nach eigener Musik gespielt wird: Hier hat die Komödie am Kurfürstendamm den Kulthit ganz frisch in einer Musical-Variante im Programm (wieder: 30.11., 11/15 Uhr, 3.12., 11 Uhr).

Lustigerweise hinkt das Profi-Theater damit zeitlich sogar ganzen Tausendschaften begeisterter Laiendarsteller hinterher! Denn nicht nur, dass man beim Fernseh-Zappen um die Weihnachtszeit allerbeste Chancen hat, den Film quasi rund um die Uhr auf irgendeinem Sender zu erwischen! Seit Jahren spielen ihn Fanclubs sogar auf Reenactment-Partys nach – wobei sich die Rolle der bösen Stiefmutter besonderer Beliebtheit erfreuen soll. Ans Aschenbrödel selbst, das den Prinzen vor der Happy-End-Hochzeit erst mal beim Reiten, Jagen und Armbrustschießen aus dem Feld schlägt, traut man sich offenbar nicht so ohne Weiteres heran.

Andererseits ist Christian Bergs Musical-Variante am Ku’damm natürlich auch kein Reenactment des Films, sondern ein Musical mit eigenem Zugriff: Bei ihm wird die herzerweichende Romanze aus der Sicht des Knechts Valentin erzählt – quasi der guten Seele des Hofes von Aschenbrödels dominanter Stiefmutter. Daran, dass Aschenbrödels attraktiver Schimmel Nikolaus und die formvollendet ausgestopfte, Flügel schlagende Eule Rosalie auf dem Dachboden das meiste natürlich anders – und besser – wissen, hatten die Nachwuchszuschauer bei der Premiere großen Spaß.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false