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Kultur: Sei ein Held

Während die brasilianische Nationalmannschaft bei der WM bislang noch mit Ballkunststücken geizt, verzaubert die Kulturoffensive „Copa da Cultura“ seit Wochen Berlin: „Brasil + Berlin“ nennt sich das auf mehrere Galerien und Institutionen verteilte Projekt, das weitestgehend lauernde Klischees vermeidet. Laut und aggressiv geht es in der DNA-Galerie zu, die in der Ausstellung „Urban Spaces“ junge Kunst aus São Paulo zeigt.

Während die brasilianische Nationalmannschaft bei der WM bislang noch mit Ballkunststücken geizt, verzaubert die Kulturoffensive „Copa da Cultura“ seit Wochen Berlin: „Brasil + Berlin“ nennt sich das auf mehrere Galerien und Institutionen verteilte Projekt, das weitestgehend lauernde Klischees vermeidet. Laut und aggressiv geht es in der DNA-Galerie zu, die in der Ausstellung „Urban Spaces“ junge Kunst aus São Paulo zeigt. (Auguststraße 20, bis 28. Juli) . Da scheppern Hip- Hop-Breaks in Marcelo Cidades Installation und ein Schriftzug paraphrasiert in verwegener Rechtschreibung die „Du-bist-Deutschland“-Kampagne: „Sei ein Held, sei Bader Meinhoff. Sei ein Aüßenseiter , sei Marcola.“ Subversive Energie wird auch in den zerschnittenen Fotografien von Odires Mlázho spürbar. Während Lia Chaia aus ihrem Mund in einem rückwärts laufenden Video Fotos von Sozialbauten herauszieht. Und so langsam eine ganze Stadt auf den Tisch kotzt (200 bis 2500 Euro) .

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Beschaulicher geht es in der Galerie Schuster/Scheuermann zu, die unter dem Titel „Fließendes Wasser“ das Künstlernetzwerk Linha Imaginária vorstellt (Gartenstraße 7, bis 15. Juli, 600 bis 4000 Euro) . Gegründet vom Künstler Sidney Philocreon, fördert dieses Projekt den Austausch in der brasilianischen Kunstszene. Rasch fällt auf: Diese Künstler lieben das Wechselspiel verschiedener Materialien. Ein schwerer, seidener Stoff ergießt sich in den Keller der Galerie, Skulpturen aus weißem Harz hängen im Raum, ein Objekt bringt ein Foucault-Buch mit geflochtenen Papierwürfeln zusammen. Alex Cabral skizziert Porträts auf Paneele aus Tropenhölzern, deren Namen er unter das Bild schreibt. Welche Eigenschaften wohl ein Porträtierter hat, der so zum „Cedro“ oder „Pinho“ wird?

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Auch der 1961 geborene Gustavo de Liña , sucht den Dialog mit dem Bildträger. In der Galerie Nering + Stern zeigt er seine Acryl- und Pigmentbearbeitungen von handgeschöpftem Antaimoro-Papier (Auguststraße 83, Eröffnung Sonntag 16 Uhr, bis 30. Juli) . Der Brasilianer experimentiert seit 16 Jahren mit dem madegassischen Material, dem der Antaimoro-Stamm magische Eigenschaften zuschreibt. Mal sehen die reliefartigen Arbeiten nach Leder aus, dann wie Granit oder Metall – im schlimmsten Fall nach Batik. Kreise, Labyrinthe und Spalten, die ein laden, sich mit der Farbe zu verlaufen (550 – 12 300 Euro).

Daniel Voelzke

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