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Kultur: Sein Weg

Natürlich neugierig: der Cellist Nicolas Altstaedt

Kronleuchter hängen an der Decke, Marmorsäulen schmücken die Wände. Der Festsaal des Hotels Imperial in Wien gehört zum Repräsentativsten, was die Stadt zu bieten hat. Die Credit Suisse hat zur Pressekonferenz eingeladen. In der Saalecke neben dem Eingang steht ein junger Mann mit dunklen Locken vor einem silbernen Cellokasten. Es sieht nicht unbedingt so aus, als ob er hier bei der richtigen Veranstaltung ist. Kurze Zeit später wird klar: Er ist der Grund der Veranstaltung. Nicolas Altstaedt ist der Preisträger des mit 50 000 Euro dotierten „Credit Suisse Young Artist Award 2010“. Die Wahl fiel einstimmig auf den 1982 geborenen Cellisten.

Nicolas Altstaedts Karriere ist künstlerisch schon weit fortgeschritten, dennoch dreht sich bei ihm selten eine große PR-Maschine im Hintergrund. Er spricht auch lieber über die Eigenschaften seines von der Deutschen Stiftung Musikleben zur Verfügung gestellten Nicolas-Lupot-Cello als über sein Lieblingsessen. „Der Credit Suisse Young Artist Award ist für mich eine Bestätigung, dass mein Weg richtig war. Dass man auch Erfolg haben kann, wenn man sich den Gesetzen des Klassikmarktes widersetzt.“ Der Anfrage eines großen Labels hat er im vergangenen Jahr widerstanden, weil die programmatischen Vorstellungen nicht mit seinen vereinbar waren. Darum erschien seine jüngste CD beim Label Genuin. Mit der Kammerakademie Potsdam unter Michael Sanderling interpretiert er hier sehr eindringlich die beiden Cellokonzerte von Joseph Haydn.

Begonnen hat Nicolas Altstaedt sein Studium 2001 bei Ivan Monighetti in Basel. Nach zwei Jahren wechselt er nach Berlin zu Boris Pergamenschikow – und wird einer seiner letzten Schüler. „Am Ende hat Boris Pergamenschikow seine Celloklasse halbiert, wir waren nur noch sechs Studenten bei ihm. Er unterrichtete zu Hause, wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Er hat sich bis zur Selbstaufgabe für uns eingesetzt. Auch noch, als er schwer krank war, hat er immer angerufen und sich erkundigt, wie es uns geht“, erzählt Altstaedt. „Als Lehrer hat Pergamenschikow ja keine Cello- Schule entwickelt – das war ihm wichtig. Wir Studenten waren sehr unterschiedlich. Er hat das gefördert.“

Sein Studium setzt Altstaedt dann in Berlin bei David Geringas und Eberhard Feltz fort. Neben dem klassischen Kernrepertoire beschäftigte er sich schon immer mit Neuer Musik, für ihn eine Selbstverständlichkeit. Er spielte die Schweizer Erstaufführung von Georg Friedrich Haas’ Cellokonzert und arbeitete mit Komponisten wie Wolfgang Rihm, Moritz Eggert und Sofia Gubaidulina zusammen. Auch Altstaedts CD-Produktionen spiegeln seinen breiten musikalischen Horizont. Das Cellokonzert von Robert Schumann kombinierte er beispielsweise mit dem von Friedrich Gulda.

Neben vielen anderen Preisen gewann Nicolas Altstaedt auch 2005 den Domnick-Cellowettbewerb der Stuttgarter Musikhochschule, der vom dortigen Celloprofessor Jean-Guihen Queyras mit einem Neue-Musik-Schwerpunkt ausgestattet wurde. „Nicolas hat zweifellos alles, um einer der wichtigsten Musiker seiner Generation zu werden“, schwärmt Queyras. „Er ist technisch höchstbegabt, sehr neugierig, und spielt keine einzige Note einfach routiniert, sondern ist immer mit vollem Herzen und wachem Geist dabei.“ Georg Rudiger

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