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Kultur: Sex-Streik in Wedding

Ein anzügliches Musical im English Theatre Berlin

Sie sind furchtbar versaut und albern. Sie sind fast alle Briten, schlagen sich als Schauspieler, Stand-Up Comedians und Hobbymusiker durch. Und sie schocken. Die Truppe „My English Class“ gehört zum Gewagtesten, was Berlin jenseits der großen Bühnen zu bieten hat: der Komödiant Ben Knight, „Friedrichshain’s sexiest single mother“ Jacinta Nandi, der Regisseur James Harris und „Rock’n’Roll Diktator“ Jörg Kaier sind schon seit Monaten in diversen Winzläden mit ihrer Show rund um das englische Idiom und den Bettsport unterwegs. Nun haben sie sich mit „The Prison Sex Show“ selbst übertroffen.

Im Kreuzberger English Theatre Berlin kam das in nur einem Monat ohne Budget zusammengekloppte „Space Musical“ zur gefeierten Aufführung. Anspielungsreich wie die Simpsons, absurd wie „Per Anhalter durch die Galaxis“ und ekelhaft wie South Park. Die Handlung: Delfinpornoliebhaber und Ananasficker Ben (schmierig, grandios: Ben Knight) aus Wedding verkauft sein Baby an einen Außerirdischen, um sich einen Videobeamer zuzulegen. Seine Frau Jacinta (glühend: Anna Fin), die in Wirklichkeit ein Alien ist, droht mit Sex-Streik, wenn Ben das Baby nicht zurückholt. Ben macht sich auf ins All und gerät in die Sex-Falle eines 299-jährigen nichtsdestotrotz minderjährigen Gormons. Er wird von dem kleingemächtigen Polizeiagenten Mario von Bakewell Tart gezwungen, Schuhplattler zu tanzen. Der schwäbische Bayernhasser Jörgi rettet ihn in einem selbstgebauten Raumschiff, und Ben kehrt zu seiner menschlichen Frau Jacinta (Kandis: Jacinta Nandi) zurück.

Das hört sich nach großem Quatsch an, doch anderthalb Stunden lang funkelt hier trocken der Sprachwitz, wird kühn mit englischen und deutschen Worten jongliert, etwa als der Taschenbillardspieler Ben einem Rocket-Scientist erklärt, er selbst sei Pocket-Scientist. Hier sind große Dilettanten am Werk: Der Dilettant übt eine Sache um ihrer selbst Willen aus, aus privatem Antrieb und purem Vergnügen. Berlins Off-Szene, ganz bei sich selbst. Philipp Lichterbeck

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