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Kultur: SHORT CUTS

PANORAMA Eine Puppe zum Spielen: „Meninas“ aus Brasilien Sie sind dreizehn, vierzehn, fünfzehn. Haben gerade noch mit Puppen gespielt.

PANORAMA

Eine Puppe zum Spielen:

„Meninas“ aus Brasilien

Sie sind dreizehn, vierzehn, fünfzehn. Haben gerade noch mit Puppen gespielt. Und sind jetzt schwanger. Mädchen, fast Kinder noch, in den Favelas von Rio. Ein Vater ist als Drogenhändler erschossen worden, auch der Freund von Evelin lässt sich nicht filmen, weil er in Drogengeschäfte verwickelt ist – und wird von der Polizei erschossen, zwei Monate nach Ende der Dreharbeiten. Doch: „Man lebt nicht schlecht hier. „Schöne Aussicht“, sagt Luana über ihre Wellblech-Hütte auf den Hügeln von Rio. Das Leben genießen, bei allgegenwärtiger Kriminalität: Manchmal tanzen sie zu den Schüssen, die sie in der Nachbarschaft hören.

Die Regisseurin Sandra Werneck („Amores Possiveis“) hat in ihrem Dokumentarfilm „Meninas“ vier Mädchen porträtiert, die im Kindsalter schwanger geworden sind. Kein Drama, eher Gleichgültigkeit und Resignation. Irgendwie ist es passiert, sie haben nicht aufgepasst, es war zu lästig, im Krankenhaus Kondome zu holen. Sich wirklich ein Kind gewünscht hat nur Luana. Der Freund von Edilene hat gleich noch ein weiteres Mädchen geschwängert. Junge Mütter, die mit ihren Babies spielen, als seien es Puppen. Träume von Ausbildung, Studium, Beruf sind damit begraben, wie auch schon die Müttergeneration ihre Träume begraben hatte. „Es wäre vielleicht spannend, in fünfzehn Jahren einen Film über die jetzt geborenen Kinder zu drehen“, sagt Sandra Werneck. Man fürchtet, er sähe nicht anders aus.

Heute 12.30 Uhr, 18. 2., 20 Uhr (beides Cinestar 7)

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FORUM

Streifzüge ohne Plan:

„La Prisionera“ aus Argentinien

Drei junge Menschen unterwegs in einem Stadtlabyrinth in Argentinien. Da ist Leo (manchmal auch: Julia), die ein bisschen auf geheimnisvoll macht. Dann sind da noch Manuel und Ana, sie sind vergleichsweise normal. Von Manuel erfährt man, dass er Musik studiert und unterrichtet. Von den anderen nichts. Sie sind viel unterwegs, zu Fuß, mit dem Moped, mit der Bahn. Zuerst in Wohnungen, dann in Stadtpassagen, in Galerien und Werkstätten, und schließlich überall, wo’s nass ist (Hafen, Werft, Strand). Geredet wird auch. Dass man verpflichtet sei, auf sein Äußeres zu achten etwa, oder dass Realität ein sich fortwährend wandelndes Phänomen ist. Es verschwinden Gegenstände, eine Uhr, ein Schlüssel.

„La Prisionera“, eine „Konspiration“ von Alejo Moguillansky und Fermín Villanueva, ist ganz nouvelle-vague-mäßig, ohne Musik und künstliches Licht, in ebenmäßigen Rhythmus zusammengesetzt. Gut möglich, dass es einen Schlüssel gibt zum Spiel: Vom „Beethoven-Spiegelbild“ ist einmal die Rede, von Hexagrammen, und am Ende wird ein Jesus-Zitat eingeblendet. Die Untertitel dazu rasen aber gar zu schnell, um daraus Sinn zu gewinnen. Kann auch sein, dass es sich hier nur um ein Liebesdreieck junger Menschen handelt. Ein Film für Menschen, die gerne zwei Dutzend planlos verbundene Sequenzen an sich vorbeiziehen lassen. Man sieht ja auch was von der Stadt. Welcher auch immer. Sebastian Handke

Heute 21.30 Uhr (Cinestar 8), 17. 2., 20 Uhr (Colosseum), 18. 2., 14 Uhr (Cinestar 8), 19. 2., 12.30 Uhr (Arsenal)

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FORUM

Suche nach dem Trauma:

„Combat“aus Belgien

Der Liebestod ist auch nicht mehr das, was er mal war. Romeo und Julia erlebten wenigstens ein paar Glücksmomente, bevor das bittere Ende kam. Dagegen müssen die beiden Männer, die der belgische Regisseur Patrick Carpentier porträtiert, mit einem Todestrieb zur Welt gekommen sein. Im Off-Kommentar ist von Liebe die Rede, aber es gibt keine Küsse und keinen Sex. Nur Schläge. Um sich austoben zu können, begeben sich die zwei in den Wald. Hier ist es schön dreckig und steinig, hier kann man dem andern das Gesicht ins Laub drücken. Sadomasochistisch interessierte Zuschauer seien vorgewarnt: „Combat“ handelt nicht von Lust, nur von Trauer. „So geht es nicht weiter“, sinniert der ältere von den beiden. „Wo ist das Trauma?“ Nach 57 quälenden Minuten bleibt die Frage unbeantwortet. Frank Noack

Heute 21.30 Uhr (Delphi), 17. 2., 12.45 Uhr (Cinemaxx 3), 19. 2., 22.30 Uhr (Arsenal)

Christina Tilmann

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