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Kultur: Sind so große Augen

Ihre Mädchenfiguren sind niedlich, böse und pervers. Das schönste an ihnen sind ihre großen, wild funkelnden Rehaugen.

Ihre Mädchenfiguren sind niedlich, böse und pervers. Das schönste an ihnen sind ihre großen, wild funkelnden Rehaugen. Auf den ersten Blick erinnern sie an Playmobil, an Heidi und Peter oder japanische Mangas. Manchmal versucht Evelin Höhne, ihre Schöpferin, sie zwar zu zügeln und ihr flatterhaftes Haar mit einer Spange in den Griff zu bekommen - ihre verkratzten Wangen jedoch verraten, daß diese Püppchen selbst ihrer Zeichnerin ab und zu über den Kopf wachsen, Jungs jagen und zuviel Schokolade essen.

Manchmal malt Höhne auch noch eine schwarze Phantasiefigur, Fucky. Fucky ist leicht zu malen, "ruckizucki", sagt Evelin, er ist fünf mal so groß wie ein Monchichi und obwohl er nur "Fa-Fa-Fa-Fucky" sagen kann, hat er mit Sex nichts an der Mütze. Aber eigentlich sind es vor allem die Schulmädchen, die es der Comiczeichnerin angetan haben. "Schulmädchen reden über interessante Themen, darüber, was sie begeistert, eigentlich sind sie kleine Fans", schwärmt sie. "An ihnen kann man am besten probieren, wie man Wimpern malt, wie sie am coolsten und schärften, am leibhaftigsten und dickköpfigsten aussehen." Im Laufe der Zeit haben die Strichwesen Nasen und Brüste gekriegt. Küssende hat Höhne noch nicht gemalt, aber das kommt wohl noch.

Als die Zeichnerin in Berlin ankam, verabschiedete sie sich zuerst einmal von ihrem Brötchenberuf als Kinderkrankenschwester. Doch auch das lästige Bewerben mit sperrigen Mappen an weit vom Stadtzentrum entfernten Kunsthochschulen wurde ihr bald zu blöd. Statt dessen fand sie Aufnahme in der "weltallerbesten" Comiczeitschrift "Renate", einem Kreis von Zeichnern, der sich oft traf und nebenbei auch noch eine Comicbibliothek aufbaute. In der verkommen glamourösen "Galerie Berlin Tokyo" startete Evelin ihre Parallelexistenz als Musikerin. Und ebendort hatte sie ihren ersten Auftritt mit "Minitchev", ihrer "Postmüllband". Als die Galerie geschlossen wurde, mußte sie das Regal mit den Produkten ihrer eigenen kleinen, selbstgebastelten Plattenfirma "Fucky Laibel" abschrauben. Aber abgesehen davon ist sie frohen Mutes.

Bilder von Höhne tauchen inzwischen oft auf Plattencovern auf. Weiterhin malt sie für wenig Geld viele Bilder "wie Kaninchen", sagt sie. Gegen Vorlage eine Paßbilds kann man bei ihr ein Porträt bestellen. Zusammen mit ihrer Freundin, der abgründigen Lilian Mousli, arbeitet sie an den nächsten Ausgaben des Frauen-Comic-Sammelbandes "XX". Daneben sammelt sie weiter Beiträge für eine Zeitung, die bald erscheinen soll und in der Musiker, Freunde und Stars - darunter Jimi Tenor, Rainald Goetz und Howard Carpendale - ihre Lieblingssongs illustrieren. An lange Geschichten traut sich Höhne noch nicht heran. "Ich kann nicht dramatisch erzählen", sagt sie. "Wenn ich eine Geschichte erzähle, ist das so, als hättest du acht Menschen um einen Tisch gesetzt und einer fängt an, die Geschichte zu erzählen und der nächste erfindet etwas anderes dazu und am Ende kommt etwas Komisches heraus." Wenn es aber doch einmal dazu kommen sollte, wird es bestimmt keine bibliophilen Comicalben von ihr geben. Lieber "Lustige Taschenbücher" wie die von Walt Disney, auf ramschigem Papier und billig - für höchstens fünf Mark das Stück. Sonst wäre ein Album ja fast so teuer wäre wie ein Original.

Bilder von Evelin Höhne können bis zum 7. August in der Comic-Galerie Grober Unfug, Weinmeisterstr. 9b, Mitte, bestellt werden. Mo-Fr 12-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr Comicportäts gegen Vorlage für 100 bis 200 Mark unter 030 / 2832977

SUSANNE MESSMER

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