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Kultur: Sinfonie in Dollarnoten

Eine Stradivari ist die blaue Mauritius unter den Streichinstrumenten.Geheimnisumwittert, sauteuer und schon ziemlich lang her.

Eine Stradivari ist die blaue Mauritius unter den Streichinstrumenten.Geheimnisumwittert, sauteuer und schon ziemlich lang her.Eine Bussotti muß man sich zu einer Stradivari denken wie Ferrari zu Jaguar.Und die rote Violine von Bussotti, naja, eben der perfekte Anlaß, eine kriminalistisch überhauchte historische Filmgeschichte drumherum zu arrangieren: Ein mythenumwobenes Einzelstück, geboren aus der Handwerkskunst des 17.Jahrhunderts, getauft in Leid und Emotion, dann in den Weltläuften verschollen.

Die "rote Violine" ist ebenso wie ihr Schöpfer, der cremonesische Geigenbaumeister Nicola Bussotti eine Fiktion des franko-kanadischen Regisseurs Francois Girard, der zuletzt in seinen "32 Short Films about Glenn Gould" versucht hat, musikalisches Formenspiel auf Film zu übertragen.Girard hat sich die Wundergeige ausgedacht, um an ihrer Seite einen Zug durch die pralle Geschichte zu unternehmen, der irgendwann im Hier und Jetzt landet und uns natürlich auch etwas über die wundersame Macht der Musik erzählen soll.

Die allerdings wird eher behauptet als gezeigt.Es sind altbackene Bilder, die da aufgewärmt werden: Ein musikalisches Wunderkind im barocken Wien.Tanzende Zigeuner.Ein britischer Teufelsgeiger (Jason Fleming), der seine Inspirationen umstandslos direkt dem Geschlechtsakt abwindet.Die rotchinesische Funktionärin.Ein kunstgewerblich animierter Reigen von Ansichtskarten, die weder für sich sprechen noch miteinander kommunizieren.Nur selten, etwa wenn die Geige in einem chinesischen Leihhaus die Jahre überdauert und deren Vergehen in einer sich überblendenden Kamerafahrt durch wandelnde Dekors aufs Objekt hin reproduziert wird, wird der Zeitfluß auch zu einem ästhetisch wahrnehmbaren Faktor.Sonst werden die Episoden von zwei Seiten her verklammert: Die moderne Versteigerung und eine alte Wahrsagerin führen in gegenläufigen Richtungen durch den Film.

Immer wieder führt uns der Film zurück zum Anfang der Versteigerungszeremonie, deren quasimusikalischer Ablauf im Lauf der Wiederholungen ins Blut geht.Eine Symphonie in Blau, bei der die Dollars die Töne abgelöst haben.Hier aber stimmt der Rhythmus.Und auch Samuel L.Jackson als souverän undurchsichtig agierender Geigenexperte macht eine gute Figur.Trotzdem zerfällt der Film schon beim ersten Hinsehen in die Teile, die doch so kunstvoll verknüpft wurden.Vielleicht ein bißchen zu kunstvoll.Vielleicht ist auch nur der Kitt vertrocknet: Die Liebe.Die Leidenschaft.Die Musik.Der Tod.Die Liebe mag leben.Vorher, zu Anfang der Geschichte und der Violine, mußte aber erst jemand sterben: Bussottis Frau.Wie das Frauenopfer die Kunst gebiert, das zumindest läßt sich in diesem Film wieder einmal studieren.

Broadway (OmU), Nord, Filmbühne Wien

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