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Kultur: Singen bis zum letzten Vorhang

Unglaublich, aber wahr: Die spanische Superdiva Montserrat Caballé wird heute siebzig Jahre alt

Sie ist wohl die einzige Madame Butterfly, die ihren Pinkerton ein Leben lang behalten durfte. Es war im Winter 1963, als Montserrat Caballé mit dem Tenor Barnabé Martì zusammen Puccinis Oper sang, in der ein skrupelloser amerikanischer Offizier erst zum Scherz eine minderjährige Japanerin heiratet, sie dann schwanger zurücklässt und ihr zum bitteren Ende auch noch das gemeinsame Kind wegnimmt. So leidenschaftlich habe ihr Bühnenpartner sie damals geküsst, dass sie bald einwilligte, ihn zu heiraten.

Seine Karriere ist längst vorbei, heute ist Barnabé Martì nurmehr liebevoller Prinzgemahl einer Superdiva, die auch an ihrem 70.Geburtstag nicht ans Aufhören denkt. Dass die in Barcelona als Kind armer Eltern geborene Sopranistin ohne Bühne nicht leben kann, dass es sie nach 47 Karrierejahren und 4000 Abenden immer wieder vor den Vorhang treibt, erklärt sie selber so: „Ich gehöre zur Musik und die Musik gehört zu mir. Es ist etwas, das ich nicht ablegen kann.“ Dabei nimmt die Kommunikation mit dem Publikum bei ihren Auftritten in letzter Zeit einen immer breiteren Raum ein. La Caballé, die aus den Zeiten ihrer ersten beiden Engagements in Basel und Bremen perfekt Deutsch spricht, sieht die Fans als echte Freunde an, mit denen sie gerne plaudert. Dank ihrer naiv-lebensbejahenden Art und einer unglaublich ansteckenden Lache verankert sie sich mit jedem Auftritt noch tiefer in den Herzen ihrer Anhänger.

Freunde des Belcanto greifen allerdings schon lange zu den frühen Aufnahmen, wenn sie sich an der Schönheit ihrer Stimme berauschen wollen. Damals, 1965 in New York, als sie kurzfristig für Marylin Horne in Donizettis „Lucrezia Borgia“ einsprang und über Nacht zum Star wurde, vermochte keine Konkurrentin feinere, elegantere Pianissimi zu produzieren als Montserrat Caballé. Obwohl sie immer zweigleisig fuhr, als lirico spinto wie als Koloraturspezialistin brillierte, obwohl sie gern und oft die dramatischen Verdi- und Puccini-Rollen sang, wird sie letztlich vor allem als Donizetti- und Bellini-Heldin in die Musikgeschichte eingehen, als warmherzige „Norma“, als unglückliche Königin in „Roberto Devereux“. Dabei ging sie, wie sie selber einmal formuliert hat, in Sachen Belcanto durch die Türen, die Maria Callas zuvor geöffnet hatte. Wo sich die Griechin in flammendem Begehren verzehrte, brachte Montserrat Caballé die Massen durch makellosen Schönklang und ätherische Leichtigkeit zur Raserei.

Obwohl die blutjunge Spanierin einst beim Vorsingen an der Deutschen Oper Berlin wie auch in Hamburg und Köln durchfiel, sprach sie stets gut von Deutschland: „Hier schlägt das Herz der europäischen Musikkultur.“ Gracias, Montse!

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