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So kann’s gehen: Kann ich zum „Sie“ zurückkehren?

Immer wieder sonntagsfragen Sie Elisabeth Binder

Mein früherer Dienstvorgesetzter hat mir vor Jahren das „Du“ angeboten. Inzwischen sind Dinge vorgefallen, die in mir den zwingenden Wunsch wecken, wieder gesiezt zu werden. Kann man jemandem das „Du“ entziehen, wenn man bereit ist, die völlige Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses in Kauf zu nehmen?

Wer sagt Ihnen, dass Ihre Bitte, zum „Sie“ zurückzukehren, eine vollständige Zerrüttung zur Folge hat? Sie geben damit doch aufrichtigen Gefühlen Ausdruck und dem Wunsch, das sowieso gestörte Verhältnis auch sprachlich auf eine ehrliche Basis zu stellen. Das ist ganz sicher nicht üblich, muss aber nicht unbedingt negative Folgen haben. Einen Versuch wäre es sicher wert, mit der Neuverabredung der Anrede eine innere Distanz zum Ausdruck zu bringen, die tatsächlich besteht.

Vielleicht befreit diese Rückkehr zum „Sie“ das Verhältnis ja sogar von emotionalen Enttäuschungen und versachlicht es auf diese Weise. Auch der Versuch, die Veränderung Dritten zu erklären, könnte zusätzliche Knoten lösen. Gewohnheit könnte freilich dazu führen, dass Sie den Kollegen auch nach dem Wechsel aus Versehen noch mal wieder duzen. Vermutlich würde Sie das ärgern, oder Sie würden das Versehen als Peinlichkeit empfinden. Vielleicht wäre es am besten, wenn Sie den Ärger beiseiteschieben, bevor Sie dem Kollegen das Angebot zum „Sie“ unterbreiten.

Ein Fehler wäre es, ihm das „Sie“ wie einen Fehdehandschuh entgegenzuschleudern, oder es wie einen Racheakt zu inszenieren. Erst wenn Sie Ihren Zorn überwunden haben, können Sie wirklich souverän auftreten. Dem Kollegen ist ja sicher auch klar, dass Unerfreulichkeiten vorgefallen sind. Wenn Sie ihm also ruhig und freundlich erklären, dass Sie es für ehrlicher hielten, zum „Sie“ zurückzukehren, wird ihn das bestenfalls veranlassen, auch mal über eigenes Fehlverhalten nachzudenken.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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