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So kann’s gehen: Wie erziehe ich den Nachbarn?

Manchmal sitzen wir mit unseren Nachbarn zusammen, um bei einem Glas Rotwein zu plaudern. Vor Benutzung der Gläser haucht der Nachbar in die Gläser, um sie anschließend auszuwischen.

Manchmal sitzen wir mit unseren Nachbarn zusammen, um bei einem Glas Rotwein zu plaudern. Vor Benutzung der Gläser haucht der Nachbar in die Gläser, um sie anschließend auszuwischen. Wie können wir ihn nur von diesem unüblichen und unhygienischen Verhalten abbringen?

Igitt, das klingt ja wirklich unappetitlich. Ihr Nachbar meint es sicher gut und möchte die Gläser in ihrem schönsten Glanz präsentieren. Aber wozu hat der Mensch ein Spülbecken? Wenn die Gläser wirklich so lange nicht benutzt worden sind, dass sie einer Politur bedürfen, dann sollte man sie abspülen, bevor die Gäste kommen. Dies klingt mir eher nach einer Marotte, die vielleicht auf einen falschen Film zurückzuführen ist. Manchmal sieht man etwas im Kino oder sonst wo, hält es für cool oder fein und ahmt es nach, ohne weiter darüber nachzudenken, was für eine Wirkung auf andere ein bestimmtes Verhalten haben kann. Diese Macke klingt freilich ein bisschen nach einem Loriot-Film. Natürlich muss man hier behutsam vorgehen, um das gutnachbarschaftliche Klima nicht zu gefährden.

Es kann in solchen Fällen helfen, Hypochondrie vorzuschützen. Besorgen Sie sich irgendwo ein Poliertuch, verpacken Sie es hübsch mit Schleife, bringen es als Gastgeschenk mit und erklären Sie es mit eben dieser Furcht vor Ansteckung. Dann müsste der Nachbar eigentlich mitbekommen, dass die Haucherei nicht schick, sondern eklig ist. Sie könnten es natürlich auch ins Komische ziehen und vorschlagen, dass jeder in sein eigenes Glas haucht und saubere Stofftaschentücher bei sich tragen, um das gleich in die Tat umzusetzen. Oder Sie sagen schlicht, dass die Gläser doch sehr schön in Ordnung sind und Sie den Wein lieber ohne Hauch-Ritual trinken mögen. Wenn die Freundschaft daran scheitert, war sie vielleicht ohnehin nicht viel wert.

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