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Kultur: Sollbruchstellen

Großstadt-Rock, Seemanns-Folk: Pere Ubus Diktator kreischt in der ArenaVON VOLKER LÜKEDa haben wir ihn wieder: David Thomas, den Orson Welles der Rockmusik und begnadeten Entertainer mit dem mächtigen Gürtelumfang, der erst im Januar noch einen ergreifenden Auftritt mit den "Two Pale Boys" abgeliefert hat und nun mit seiner Hausband Pere Ubu aus Ohio auf den Brettern im Glashaus der Arena steht.Auch gut 20 Jahre nachdem ihr Debüt-Album "The Modern Dance" wie eine UFO-Attacke auf die Pop-Szene der ausgehenden 70er prallte, nach unzähligen in wechselnden Besetzungen eingespielten Platten, ist die Kraft von Pere Ubu ungeschmälert und der Vorrat an Ideen längst nicht aufgebraucht.

Großstadt-Rock, Seemanns-Folk: Pere Ubus Diktator kreischt in der ArenaVON VOLKER LÜKEDa haben wir ihn wieder: David Thomas, den Orson Welles der Rockmusik und begnadeten Entertainer mit dem mächtigen Gürtelumfang, der erst im Januar noch einen ergreifenden Auftritt mit den "Two Pale Boys" abgeliefert hat und nun mit seiner Hausband Pere Ubu aus Ohio auf den Brettern im Glashaus der Arena steht.Auch gut 20 Jahre nachdem ihr Debüt-Album "The Modern Dance" wie eine UFO-Attacke auf die Pop-Szene der ausgehenden 70er prallte, nach unzähligen in wechselnden Besetzungen eingespielten Platten, ist die Kraft von Pere Ubu ungeschmälert und der Vorrat an Ideen längst nicht aufgebraucht.Dabei ist die Band wirklich nur noch ihr Sänger und hat sich endgültig in etwas verbissen, wozu sie ihr kreischender Diktator verdonnert.Für das aktuelle Album "Pennsylvania" hat sich Thomas ausgezeichnete Mitstreiter an die Seite geholt: mit Tom Herman ist der Gitarrist der ersten Stunde mit von der Partie, dem beim Auftritt die Stellung des Unentbehrlichen gebührt und der mit lässiger Eleganz vertrackte Läufe aus dem Griffärmel schüttelt, während sich Robert Wheeler, der vor längerer Zeit den Platz von Alan Ravenstine eingenommen hat, mit routinierter Abenteuerlust am Synthezizer durch die Stücke fiept und sinuskurvt.Bleiben noch Steve Mehlmann und Michele Temple: der Schlagzeuger ist ein Wunderknabe, jung, dynamisch; die Frau weiß, wie man den Baß spielen muß.Ohne Hast verbindet die Band Großstadt-Lärm-Rock mit Seemanns-Folklore und abstrakten Bluesfiguren, schafft eine gescheite Spannung zur Präsenz von Thomas artistischer Kopfstimme, die jede Nuance beherrscht. Dieser Mann ist unnachahmbar.Mit kleinen Gesten bestimmt er die Brüche in der Musik, bewegt sich wie ein Tänzer mit Übergewicht, rudert mit den Armen, liefert hinreißende Posen der Verzehrung.Brabbelt ins Telefon, kauderwelscht, quengelt, fabuliert; Texte als Illustrationen einer skurrilen Welt, unter der die Musik sich krümmt - Melodien, so biegsam wie Knetmasse, Harmonien, die sich ins Ohr schmeicheln, bis zur nächsten Sollbruchstelle, wo Tonordnung in Klangchaos zerbröselt."Wheelhouse", der heimliche Hit der aktuellen Platte, gerät zum Höhepunkt; "30 Seconds Over Tokio", der Song mit dem alles begann, kommt als Zugabe und mittendrin eine bekannte Melodie aus einer anderen Welt.Beatles, Beach Boys, Blondie? Hier klingt nichts, wie man es vorher gehört hat.

VOLKER LÜKE

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