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Kultur: Sommersitz

Eine deutsche Akademie ab 2010 in der Türkei

Das kommt nicht so häufig vor: Zwei Politiker aus zwei Parteien haben eine Idee – und alle finden sie gut. Es geht um die „Errichtung einer Deutschen Auslandsakademie in Istanbul“, wie die Berliner Bundestagsabgeordnete Petra Merkel von der SPD und ihr Kollege Steffen Kampeter von der CDU ein gemeinsames Initiativpapier überschrieben haben. Angeregt vom Modell der Villa Massimo, der Accademia Tedesca in Rom, soll am Bosporus ein Ort für deutsche Künstler, Autoren, Komponisten, Filmemacher und Architekten geschaffen werden, die dort als Stipendiaten ein Jahr verbringen können.

Die Idee, kaum geboren, steht inzwischen nicht nur auf dem Papier. Kampeter, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU, und Merkel, im Haushaltsausschuss Berichterstatterin für den Etat des Bundeskanzleramts (und den des Staatsministers für Kultur), führen in der Regierungskoalition Gespräche, damit bereits im Bundeshaushalt für 2009 eine Anschubfinanzierung für das Projekt verbucht wird. „Wir gehen von 1, 4 Millionen Euro aus“, so Kampeter zum Tagesspiegel. Später brauche man dann wohl „1 bis 1,5 Millionen Euro Betriebsmittel“ im Jahr, plus Sponsorengelder im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft.

Auch eine Immobilie für die Akademie, die Petra Merkel im Gespräch etwas bescheidener ein „Künstlerhaus“ nennt, ist schon im Visier. Gerade waren Merkel und Kampeter in Istanbul und haben im noblen Außenbezirk Tarabya die etwa eine halbe Fahrstunde vom Zentrum gelegene frühere Sommerresidenz des deutschen Botschafters besichtigt. Einst ein Geschenk des Sultans ans Deutsche Reich, steht dort in einem Park über dem Bosporus ein Ensemble teils renovierungsbedürftiger, teils weiß strahlender, herrschaftlich historistischer Bauten. Schon jetzt nutzen neben der Botschaft unter anderem deutsch-türkische Wirtschaftsinstitutionen das Areal.

Die Direktorin des Istanbuler Goethe-Instituts Claudia Hahn-Raabe ist von der Idee begeistert und hält Tarabya „für einen idealen Ort“. Ebenso haben türkische Partner wie Nuri Colakoglu, der wohl einflussreichste Kulturmanager des Landes und Vorsitzende des Komitees „Istanbul 2010“, ihr Interesse bekundet. Istanbul ist 2010 Kulturhauptstadt Europas, zusammen mit Essen und dem Ruhrgebiet. Daraus folgen zahlreiche deutsch- türkische Kooperationen, und in diesem Herbst ist die Türkei Gastland der Frankfurter Buchmesse. Auch das Auswärtige Amt und Kultursstaatsminister Bernd Neumann haben schon ihre Zustimmung und die Villa Massimo Rat und Hilfe signalisiert. „Im November muss das Projekt stehen“, sagt Kampeter, denn 2010 sollen die ersten „vier bis fünf“ Stipendiaten nach Istanbul kommen. Tarabya übrigens ist das türkische Wort für „Therapie“.

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