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Soulbruder: Willie Mitchell

Der elegante Herr mit dem Menjoubärtchen, 1928 im Bundesstaat Mississippi geboren, hatte schon eine Karriere als Jazztrompeter, Bigbandleader und Begleitmusiker von B.B. King hinter sich, als er Anfang der sechziger Jahre zu Hi Records stieß. Zum Tod von Willie Mitchell.

Langsamkeit ist eine Tugend in den amerikanischen Südstaaten. In Tennessee, das wissen wir aus der Whisky-Werbung, scheint die Zeit weniger schnell zu fließen als in den hektischen Metropolen des Nordens. Deshalb klingt wahrscheinlich auch die Soulmusik, die in den sechziger und siebziger Jahren in Memphis entstand, anders als die durchkonfektionierten Motown-Produktionen, die damals in der Autobauerstadt Detroit vom Band liefen: roh und ungeschliffen beim Label Stax, säuselnd und sanft bei der Plattenfirma Hi Records.

„Man hört, wie diese unglaublich faulen Bläser einen halben Takt hinter der Musik hängen, man denkt schon, dass sie es nicht mehr schaffen werden, doch plötzlich finden sie wieder zur Musik zurück“, so hat Willie Mitchell den Memphis-Sound beschrieben. Der elegante Herr mit dem Menjoubärtchen, 1928 im Bundesstaat Mississippi geboren, hatte schon eine Karriere als Jazztrompeter, Bigbandleader und Begleitmusiker von B.B. King hinter sich, als er Anfang der sechziger Jahre zu Hi Records stieß. Mit seinen für ihre untergründig brodelnden Rhythmusarrangements berühmten Produktionen verhalf Mitchell Soul-Croonern wie O. V. Wright oder Bobby Bland und der Sängerin Ann Pebbles zum Durchbruch.

Weltweit die Hitparaden eroberte er dann mit Al Green, den er 1968 bei einem Auftritt in Texas entdeckte und mit einem Vorschuss von 1500 Dollar nach Memphis lockte. „Du musst flüstern, du musst noch sanfter singen“, forderte der Produzent vom Sänger, der anfangs noch protestierte: „Dann klinge ich nicht mehr wie ein Mann.“ Doch Mitchell sollte recht behalten, mit Schmachtballaden wie „I Can’t Get Next To You“, „Tired of Being Alone“ und „Let’s Stay Together“ gelangen Green nacheinander mehr als ein Dutzend Top-Ten-Hits in den amerikanischen Charts, bevor er dem Showbusiness zeitweilig den Rücken kehrte. Willie Mitchell stand Al Green im Jahr 2003 bei seinem Comeback-Album „I Can’t Stop“ zur Seite, zuletzt arbeitete er an einem Album von Solomon Burke. Am Dienstag ist der Produzent mit 81 Jahren in Memphis gestorben. Christian Schröder

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