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Spätsommer: Das EU-Jugendorchester bei Young Euro Classic

Das European Union Youth Orchestra hat es besser. Sein Schicksal liegt nicht in der Hand selbsternannter Musikerzieher oder Komponisten, die sich ein Jugendorchester zur Erfüllung ihres Geltungsdrangs aufbauen.

Auch drittklassige Dirigenten, die mit Hilfe von jugendlichem Enthusiasmus über ihre eigene Dürftigkeit hinwegzutäuschen trachten, werden an seinem Pult nie gesichtet. Von da her verkörpert die wohlsubventionierte Truppe mit ihren handverlesenen Musikern aus allen 27 Mitgliedsstaaten der EU schon so etwas wie das Ideal eines Jugendorchesters.

Sein Auftritt im Konzerthaus auf der Zielgeraden von Young Euro Classic ließ automatisch einen Höhepunkt des Festivals vermuten. Auch weil mit Vladimir Ashkenazy ein inspirationsstarker Dirigent Stücke einstudiert hat, die ihm besonders am Herzen liegen - mit Schostakowitsch, Roussel und Ravel. Die ahnungslose Patin des Abends, eine Dame des Morgenfernsehens, bemühte sogleich den Vergleich zwischen Berliner Sommertag und Schostakowitschs 9. Sinfonie: Nun, bei derart erbarmungslos stechende Strahlen unter schwärzesten Gestirnen hilft keine Sonnencreme mehr.

Die drückende Atmosphäre nahm unter Ashkenazys Versuchen, das Klangmaterial hurtig hochzustapeln, weiter zu. Vollends zu bleiernen Zeit wurde der Abend mit Schostakowitschs 1. Cellokonzert, bei dem mangelnde Interpretationsschärfe in mulmigen Orchesterklang umschlug. Auch die Solistin Natalia Gutman zeichnete ein komplett monochromes Bild des Werkes. Der französische Teil des Programms hätte mehr leuchtende Farben gebraucht: Den Beweis, dass Albert Roussel ein großer Komponist ist, bleib Ashkenazys massige Interpretation der 2. „Bacchus et Ariane“-Suite schuldig. Ravels „La Valse“ geriet mehr zum Kehraus, denn als Verführung zum Tanz. An seinem Höhepunkt spürt man: Der Sommer ist vorbei. Ulrich Amling

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