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SPIEL Sachen: Patrouille im Vorurteilsghetto

Christine Wahl geht in Brasilien auf Polizeimission

Die brasilianische Polizei ist schwer imagegebeutelt. „Wenn du Probleme hast, ruf nicht die Polizei, ruf lieber die Räuber“, heißt es dazu in einem Samba von Chico Buarque. Polizisten gelten mindestens als korrupt, wenn man sie nicht gleich als Drogendealer und Waffenverkäufer wahrnimmt. Andererseits werden sie häufig selbst zu Opfern: In São Paulo zum Beispiel starben letztes Jahr allein 300 Polizisten im Dienst durch Schusswaffen. Stefan Kaegi vom Regiekollektiv Rimini Protokoll hat gemeinsam mit der argentinischen Autorin und Regisseurin Lola Arias zwei Monate lang in São Paulo gegen vorschnelle Gewissheiten anrecherchiert. Herausgekommen ist die Installation Chácara Paraíso (Landsitz Paradies), die man in Kleingruppen durchläuft und die den Apparat tatsächlich in lauter Einzelschicksale auflöst: vom ehemaligen verdeckten Ermittler über den Musiker der Polizeikapelle bis zum pensionierten Hundetrainer und der deutschen Schäferhündin Agatha. Die großartige Inszenierung, die letztes Jahr in São Paulo Premiere hatte und hier im ehemaligen Arbeitsamt am Mehringdamm 34 gezeigt wird (29.-31.5., 19-20.20 und 21.-21.50 Uhr, Einlass alle 10 Minuten), gehört zu den Höhepunkten des Brasilien- Festivals im HAU vom 22. bis 31. Mai.

Von dieser Vorurteile torpedierenden Begegnung mit den brasilianischen Polizisten abgesehen, bietet das viel versprechende Festival auch den dramatischen Vergleich der ganz normalen brasilianischen Mittelklasse-Jugend mit der hiesigen „Generation Golf“ aus den Achtzigern, wenn die Autorin und Regisseurin Christiane Jatahy ihr Projekt Die Lücke, die uns bewegt oder alle Geschichten sind Fiktion im HAU 3 (23.-25.5. 19.30 Uhr) präsentiert. Eröffnet wird „Brasil em Cena“ mit Bruno Beltraos Choreografie H3 im HAU 2 (22.5., 20 Uhr), die beweist, dass man mit Hip-Hop wesentlich mehr machen kann, als ihn einfach von der Straße auf die Bühne zu transportieren.

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