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SPIEL Sachen: Was soll der Geiz?

Christine Wahl freut sich über den Siegeszug des Billigtheaters

Die These, dass Theater neben seinem Kunstanspruch auch einen profanen Warencharakter hat und also als Dienstleistung am zahlenden Zuschauer zu betrachten ist, bleibt zwar konsensfähig. Aber kaum ein Theater hat sie je in ein derart offensives Marketingkonzept gegossen wie der Theaterdiscounter. „Neue Autoren, frische Schauspieler, unverbrauchte Regisseure: Noch nie waren echte Menschen so preiswert“, lautete das Motto, unter dem das Gründungsteam um Georg Scharegg vor knapp fünf Jahren sein erstes „Warenangebot“ auf den dramatischen Markt warf. Geklappt hat es mit den „sensationellen“ Ur- und Erstaufführungs-„Schnäppchen“ zum „Knüllerpreis“ dann zwar nicht immer – doch die charmante Bühne ist eine Bereicherung. Schon allein, weil Patrick Wengenroth hier sein Doku-Format „Planet Porno“ entwickelte, das dem Theaterpublikum regelmäßig denkwürdige Promi-Äußerungen von Peter Zadek bis Oliver Kahn („Die Trennung von meiner Frau hatte nichts mit ihrer Person zu tun“) nahebrachte.

Im Februar läuft der Zwischennutzungsvertrag aus; der Discounter muss seine Räumlichkeiten in der Monbijoustraße 1 verlassen und sucht bereits kräftig nach Alternativen. Seinem hippen Billig-Ruf bleibt das Team natürlich treu – wie man am neuen Format Spielplan Deutschland (21. & 28.12., 20 Uhr) sehen kann. Dieser Abend liefert zig Aufführungen zum Preis von einer, und das ganz ohne Reisekosten – wenn die Bahn bald wieder streikt, wird das Angebot umso attraktiver! „Spielplan Deutschland“ ist eine Art Rundumschlag durchs gesamtdeutsche Bühnengeschehen von Rostock bis München: Alle Aufführungen, die zeitgleich an bundesweiten Theatern öffentlicher Trägerschaft über die Rampe gehen, werden fürs polyphone Discounter-Happening „repräsentativ gebündelt und vielsagend verknappt“. Auf diese Weise legt die Mitte-Bühne auch gnadenlos offen, wie viele „Woyzecks“ oder „Fausts“ gleichzeitig über die Landesbühnen gehen, wer den Improvisationsmut zur tagesaktuellen Anspielung hat und in welchen Regionen das Abo-Publikum über welche Witze lacht.

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