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Kultur: Spiel über die Bande - oder: Über den schnellen Weg zum falschen Geld

Je mehr, desto besser: Vor zehn Jahren war ein Puzzle nur gut, wenn es aus mindestens tausend Teilen bestand. Heute bleibt die Schachtel ein Ladenhüter, wenn das Spiel nicht mindestens dreidimensional ist.

Je mehr, desto besser: Vor zehn Jahren war ein Puzzle nur gut, wenn es aus mindestens tausend Teilen bestand. Heute bleibt die Schachtel ein Ladenhüter, wenn das Spiel nicht mindestens dreidimensional ist. Ein eindimensionales Puzzle aus der Kinderabteilung bleibt Ben Youngers Film "Risiko - Der schnellste Weg zum Reichtum". Der 19-jährige College-Abbrecher Seth (Giovanni Ribisi) will schnellen Reichtum und die Anerkennung seines strengen Vaters. Der akzeptiert das einträgliche, aber illegale Hinterhof-Kasino seines Sohnes nicht. Als Ausweg dient eine Broker-Firma, deren Mitarbeiter Krawatte tragen und Ferrari fahren. Zu spät erkennen Vater und Sohn, dass das viele Geld mit illegalen Methoden verdienen wird, und es kommt, wie es kommen muss: Das FBI hat die Firma schon im Visier. Seth erkauft sich seine Freiheit durch seine Zeugenaussage und gelobt am Ende aus dem Off, sich einen richtigen Job zu suchen.

Die Puzzle-Teile sind zusammengesetzt: Das Bild sieht aus wie auf der Packung. Die Geschichte von "Risiko" verspricht auf den ersten Blick mehr, als sie schließlich einlöst. Sie entwickelt sich nicht zur Milieustudie einer durchaus interessanten, neuen Welt. Die Clique um Davis und seinen Mentor Greg (Nicky Katt) erfüllt bloß Rollenbilder, alle Figuren wirken seltsam unmotiviert bei dem, was sie tun. So führt die Aggresivität von Richie (Scott Caan) zu Schlägereien in teuren Restaurants, ohne dass die Wut erklärt wird. Auch dem Hauptdarsteller Giovanni Ribisi, dessen jugendlichem Gesicht man eine bedenkenlos-unschuldige Gier nach Reichtum glauben möchte, bleibt nicht die Zeit, die Psyche seiner Figur zu entwickeln. Warum dieser Junge zu zweifeln beginnt, sobald er den gewünschten Reichtum erlangt, bleibt ein Rätsel. Seths Recherchen erschöpfen sich in einem kurzen Blick auf das zugenagelte Fenster einer Firma, deren angeblich vielsversprechende Aktien er einem Familienvater aufschwatzt. Die Konsequenzen - immerhin die Aufgabe seines Lebenstraums - teilt Davis ganz nebenbei in einem Kneipengespräch seiner neuen Freundin mit. Von innerer Zerrissenheit ist nichts zu spüren. Davis wirkt wie eine Billardkugel, die, von den eigenen Ansprüchen und den Erwartungen des Vaters gestoßen, nach mehrmaligem Spiel über die Bande zufällig im richtigen Loch landet. Angeblich haben die Darsteller viel Feldforschung in die Produktion investiert. Authentischer sind die Charaktere auf diese Weise jedoch nicht geworden.In 10 Berliner Kinos

Christian Greßner

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