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Kultur: Spülen wie die Profis

KLASSIK

Wer gehofft hatte, Johann Sebastian Bach tatsächlich beim Geschirrspülen zusehen zu können, wurde enttäuscht. „Bach privat“ heißt zwar eines der Plakate, mit denen die Philharmoniker die Säulenheiligen der Klassik derzeit liebevoll vom Sockel holen und dabei gleichzeitig für ihre Kammermusikreihe werben. Doch das jüngste Konzert im Kammermusiksaal hätte wohl besser „Philharmoniker privat“ heißen sollen. Während es in Bachs Leipziger Zuhause nämlich zugegangen sein muss „wie in einem Taubenschlag“, weil „nicht leicht ein Meister der Musik durch diesen Ort“ reiste, ohne Bach persönlich „kennen zu lernen und sich vor ihm hören zu lassen“, so hatten auch die Philharmoniker an diesem Abend einige namhafte Gäste zu bewirten: die Sopranistin Christine Schäfer, den Bariton Peter Kooij, den Cembalisten Raphael Alpermann sowie mit Bernhard Forck einen der inspirierendsten Geiger der Alte-Musik-Szene.

Während bei Bach die Gäste dem Gastgeber vorspielten, schien es hier allerdings umgekehrt zu sein. Die beteiligten Philharmoniker griffen zu historischen Instrumenten, um mit den geladenen Spezialisten Dialogkantaten von Bach wie auch Sonaten von Johann Rosenmüller zu spielen. Bei aller Sympathie für den neugierigen Sprung vom Sockel: mehr als ein Werkstattkonzert kam dabei als Ergebnis nicht heraus. Zu deutlich, zu augen- und ohrenfällig waren denn doch die Unterschiede in Verzierungskunst, Lockerheit der Bogenführung und Körperhaltung. Die Selbstverständlichkeit der musikalischen Kommunikation fehlte und machte alles Bemühen um feinere dynamische oder rhythmische Effekte vorzeitig zunichte. Kein Rückhalt für die Gesangssolisten, die sich der grellen erotischen Metaphorik der beiden geistlichen Kantaten („Schönster, komm und lass dich küssen, lass mich dein fettes Mahl genießen“) nicht öffneten, sondern, peinlich berührt davon, eher zur Untertreibung neigten.

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