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Kultur: Spurenlos klobig

Obwohl der norwegische Komponist Harald Saeverud (1897-1992) in den 20er Jahren an der Berliner Musikhochschule studierte und die Berliner Philharmoniker den erst Vierundzwanzigjährigen 1921 mit der Uraufführung seiner Symphonischen Fantasie op.2 ehrten, was ihm in Norwegen großes Ansehen bescherte - hierzulande dürfte er unbekannt sein.

Obwohl der norwegische Komponist Harald Saeverud (1897-1992) in den 20er Jahren an der Berliner Musikhochschule studierte und die Berliner Philharmoniker den erst Vierundzwanzigjährigen 1921 mit der Uraufführung seiner Symphonischen Fantasie op.2 ehrten, was ihm in Norwegen großes Ansehen bescherte - hierzulande dürfte er unbekannt sein.Ein kleines Bild von seiner Musik konnte man sich dank des Klavierabends von Einar Rottingen im Meistersaal machen.Als eigensinniger, naturnaher, unerschrockener Geist erweist sich dieser Harald Saeverud.Musikkennern in seinem Heimatland gilt er als moderner Klassiker, als "Naturmystiker und hervorragendster Symphoniker Norwegens".Während der deutschen Besetzung des Landes war er der Anführer des musikalischen Widerstandskampfes.Schöpferischen Wagemut bewies er nicht zuletzt, als er 1948 zu Ibsens "Peer Gynt" eine neue, entromantisierte Musik komponierte, jenseits von Grieg.Ausschnitte daraus, die Einar Rottingen in der nicht ideal erscheinenden Klavierfassung darbot, erschlossen sich an diesem Abend nicht auf Anhieb.Sie wirkten nicht nur bizarr und ungebärdig, sondern sperrig und klobig, entbehrten zudem einer inspirierenden szenischen Atmosphäre.Lediglich Solveigs Gesang sprach in der kargen Linienführung, dem herben melodischen Charme ein wenig an.

Gleichwohl stecken einige widerspenstige und unfügsame Züge, ein gewisser perkussiver Klangstil in Saeveruds "Peer Gynt"-Musik, ebenso wie in seinem "Silju-Tanz".Den schönsten Eindruck hinterließen die norwegische Lebensart reflektierenden Suiten aus "Töne und Tänze aus Siljustol", die bisweilen mit ihrer kindhaften, kunstvollen Einfachheit, den elementaren Rhythmen und Splittermotiven an Bartók erinnern.Diesen Eindruck unterstrich nicht zuletzt die scharfe rhythmische Pointierung und dynamische Nachzeichnung durch Rottingen.Ebenso engagiert und geschliffen spielte er eine Beethoven-Fantasie von Ketil Hvoslef (geb.1939), einem Sohn Saeveruds.Der bewegte sich in avancierteren Bahnen als sein Vater, stellte grollenden Klavierpartien lyrisch stille, schließlich choralartige Gedanken gegenüber - ohne tiefe Spuren zu hinterlassen.

Der Höhepunkt dieses Meistersaal-Abends in der Reihe des IV.Festivals der europäischen Musik war dann doch Edvard Griegs Ballade in g-Moll op.24.Rottingen spielte seinen Grieg mit sprechender Deklamation, scharfer Kontrastfreudigkeit, zeitnaher musikalischer Schönheit und schlanker Virtuosität: man fühlte sich dem Komponisten nahe.

ECKART SCHWINGER

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