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Kultur: Sterben als schöne Kunst

Die Krieger in "Kabuki - Die Geschichte der 47 Samurai" führen das Sterben als schöne Kunst vor.Das Tokyo Ballet gastiert mit seinem Erfolgsstück in der Lindenoper, am ersten Abend feierte die reiselustige Compagnie ihre 600.

Die Krieger in "Kabuki - Die Geschichte der 47 Samurai" führen das Sterben als schöne Kunst vor.Das Tokyo Ballet gastiert mit seinem Erfolgsstück in der Lindenoper, am ersten Abend feierte die reiselustige Compagnie ihre 600.Auslandvorstellung.Bei "Kabuki" handelt es sich um ein bemerkenswertes Cross-Over-Projekt: Auf der Basis einer traditionellen Geschichte des Kabuki-Theaters schuf Maurice Béjart ein zweistündiges Ballett, das westliche Tanzkunst mit asiatischer Bewegungsstilisierung amalgamiert.Das Stück avancierte in Japan zu einem Nationalballett, das jedes Jahr an einem der höchsten Feiertage im Fernsehen ausgestrahlt wird.Im Westen begeistert "Kabuki" durch seine schwelgerische Exotik.Das Bühnenbild und die prächtigen Kostüme (Nuno Corte-Real) verleihen dem Spektakel einen großen optischen Reiz.Ein graphisches Schwarz-Weiß kontrastiert mit zarter Pastellmalerei oder mit ornamentalem Prunk.Die Komposition von Toshiro Mayuzumi zitiert Strawinsky, zu Beginn einer Szene erklingen aber alte Gesänge und traditionelle Percussions - und Flötenmusik.Tokyo heute.Vor flimmernden Monitoren üben sich uniform gekleidete Jugendliche in Break-Dance.Einen jungen Mann ereilt der Ruf der Vergangenheit in Form eines alten Schwertes, dies ist ein Appell, den Weg des Samurai zu beschreiten.Die japanische Adelskaste steht nicht nur für eine heroische Moral, sondern für eine kriegerische Ästhetik, wie sie lange schon undenkbar ist.Der Kampf mit einem Schwert ähnelt einem Tanz, Naoki Takagishi, der herausragende Solist des Abends, erliegt als Yuranosuke der Verführungskraft des kalten Stahls.Die Geschichte mit den Ingredienzien Rache, Ehre, Treue, Mut ähnelt schon mal einer Räuberpistole.Äußerst dekorativ sind die Tänze der trippelnden Geishas und der weißgepuderten Hofdamen, die sich aus ihren Kimonos wickeln, imposant muten die breitbeinig und steifarmig agierenden Krieger an.Großartig ist dann die Schlußszene, die in kollektivem Selbstmord mündet.Genau 47 Mal wird auf der Bühne seppukku - Selbstentleibung durch Bauchaufschlitzen und anschließende Enthauptung - begangen.Bèjart, der mit der Zen-Lehre vertraut ist, zeigt keine Kaskade aus (Bühnen-)Blut und Eingeweiden, er zeigt ein Schauspiel der Selbstbemeisterung.Die Männertugenden des alten Japans werden hier nochmal einmal hochgehalten, doch in "Kabuki" wird daraus ein strenges Bühnen-Ritual, eine Feier purer Schönheit. luzi

Noch einmal am 28.Mai

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