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Singt Lieder in allen Tonarten des Lebens. Stevie Wonder.

© Everett Kennedy Brown/dpa

Stevie Wonder wird 70: Das ewige Wunderkind von Motown

Stevie Wonder ist bis heute ein unerschütterlicher Optimist. Er elektrifizierte die Soul-Musik. Eine Gratulation zum 70. Geburtstag.

Was die Welt jetzt braucht: Glaube, Liebe, Solidarität. Das ist in den letzten, von einem Virus stillgelegten Wochen so oft gesagt worden, dass man es kaum noch hören mag. Aber es stimmt trotzdem. Vor allem, wenn es persönlich wird.

Zu den anrührendsten Momenten des „One World“-Konzerts, bei dem sich Weltstars am 18. April zum digitalen Benefizfestival zusammenschlossen, gehört der Auftritt von Stevie Wonder.

Er erinnerte an seinen Freund Bill Withers, der wenige Tage zuvor gestorben war, sang dessen Song „Lean On Me“ und ließ ihn nahtlos in seine eigene Ballade „Love’s In Need Of Love Today“ übergehen.

Wonder wird an diesem Mittwoch 70, seine Tenorstimme klingt immer noch beeindruckend, auch wenn sie in höheren Lagen leicht flattert. Bemerkenswert war die Performance, weil neben der Trauer auch Zuversicht zu spüren ist. Das Gottvertrauen eines bekennenden Christen.

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Withers war ein Melancholiker, der Weltschmerz steckt in fast allen seinen Stücken. Wonder scheint optimistischer durchs Leben zu gehen, viele seiner Hits enden in jubelnder Euphorie. „Love“ ist der Schlüsselbegriff seines Werkes.

Das Wort benutzt er, seit das musikalische Wunderkind 1962 beim Motown-Label in Detroit die Platte „Tribute To Uncle Ray“ veröffentlichte, mit der er seinem Vorbild Ray Charles huldigte. Da war Wonder zwölf. Zur Welt kam er als Frühgeburt. Weil er im Inkubator mit zu hoher Sauerstoffkonzentrationen beatmet wurde, verlor er sein Augenlicht.

Farben kennt er dennoch, bis heute beteuert er, sich daran zu erinnern. „Ich habe es niemals als Nachteil empfunden, blind zu sein“, sagt er in einem Interview. „Und ich habe es niemals als Nachteil empfunden, schwarz zu sein. Ich bin, was ich bin. Ich liebe mich!“

Hat die Harpejjji für sich entdeckt

Vom diktatorischen Motown-Chef Berry Gordy emanzipierte sich Wonder, ohne direkt mit ihm zu brechen. Den schematischen „Hitsville U.S.A.“-Sound ließ er 1972 mit der Platte „Music Of My Mind“ hinter sich. Die Reise ging in innere Welten, Wonder elektrifiziert den Soul, experimentiert mit Synthesizern, Verzerrern, Effekten, die Arrangements werden psychedelisch und avantgardistisch.

Sein Mentor Smokey Robinson fand das befremdlich. Wonder macht weiter. Es folgen mit „Talking Book“, „Innervisions“, „Fulfillingness’ First Finale“, dem um eine EP erweiterten Doppelalbum „Songs In the Key Of Life“ und „Hotter Than July“ weitere Großwerke, die bis heute den Goldstandard ästhetisch avancierter, politisch wacher Popmusik setzen.

Zuletzt hat Stevie Wonder das Harpejji entdeckt, ein Saiteninstrument, dessen Klang zwischen Gitarre und Klavier changiert. „Damit schreibe ich andere Songs“, hat er dem „Guardian“ gesagt. „Ich habe so viele. Die Frage ist, ob sie mich überleben. Die Zeit ist lang, aber das Leben kurz.“

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