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Hand drauf! Gemeinsam mit anderen zu helfen, bereichert auch das eigene Leben.

© Jasmin Merdan/Getty Images

Stiften, vererben und spenden: Wir tun was! Vier Menschen engagieren sich für eine gute Sache

Abertausende Deutsche setzen sich für andere ein. Sie spenden Zeit und Geld für eine gute Sache und bedenken eine Stiftung in ihrem Testament. Was treibt sie an? Und wie wählen sie aus, wofür sie geben? Worum sorgen sie sich? Vier Menschen und ihre Anliegen.

Hubertus Knabe (90) vermacht sein Haus den Johannitern
Die Johanniter sind mir schon vor ein paar Jahren angenehm aufgefallen. Sie kümmern sich zum Beispiel um Unfallhilfe, das finde ich sehr positiv. In ihren Broschüren habe ich gelesen, wie viele Projekte sie machen. Die sind auf der ganzen Welt aktiv. Wenn ich nicht mehr bin, sollen die Johanniter mein Haus bekommen. Das habe ich schon entschieden.

"In Berlin bieten die Johanniter diesen Hausnotruf an"

In Berlin bieten die Johanniter ja auch diesen Hausnotruf an. Den trägt man am Handgelenk und kann ihn drücken, wenn es einem schlecht geht. Dann kommen sie mit dem Rettungswagen und helfen. So einen Knopf brauche ich aber noch nicht; ich komme gut zurecht. Alle vierzehn Tage kommt eine Putzfrau zu mir, das reicht. Ich bin 90 Jahre alt und wohne allein in meinem Haus in Lichterfelde. Meine Frau ist vor sechs Jahren verstorben, Herzinfarkt. Sie war erst 61 Jahre alt. Es war wohl genetisch bedingt.

Hubertus Knabe
Hubertus Knabe

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich habe einen Sohn, aber der lebt in der Schweiz, in Genf. Er hat dort ein gutes Auskommen. Bald habe ich Geburtstag, dann wird er mich wieder besuchen.

Ich bezeichne mich immer als „fröhlichen Pessimisten“. Diesen Ausdruck hat Lew Kopelew mal für sich gebraucht, ich habe ihn zwei Mal getroffen. Ein erstaunlicher Mann.

Ich bin auch eine Art Eremit, aber dazu wird man leicht in Lichterfelde. Man sieht kaum Menschen dort. Die Leute kommen aus ihren Häusern, steigen in ihre Autos – und weg sind sie. Ich schaue kein Fernsehen. Aber ich höre Radio und lese viel, zuletzt ein Buch über den Regenwald von Uwe George. Das habe ich richtig verschlungen.

"Ich brauche nicht viel Geld für mich selbst"

Einmal in der Woche fahre ich nach Charlottenburg, mit der S-Bahn. Die fährt zum Glück gleich hinter meinem Haus ab, sehr bequem. In Charlottenburg hatte ich zwei Einrichtungsgeschäfte, den letzten Laden gab es bis 1999. Jetzt gehe ich in der Gegend gern ins Café Bleibtreu oder ins italienische Lokal San Marino. Dort kennen mich alle und strahlen mich an. Sonst leiste ich es mir nur, sonntags essen zu gehen. In der Woche gehe ich zum Supermarkt und kaufe Sahneheringe, dazu mach ich mir Pellkartoffeln. Oder es gibt Fussili, diese Nudeln.

Ich brauche nicht viel Geld für mich selbst, das Reisen hat mich nie interessiert. Einmal im Jahre fahre ich ins „Kreativhaus“ nach Pankow, zu einer Jazzveranstaltung. Das ist immer großartig.

Die Johanniter werden wohl noch auf mein Haus warten müssen. Nachts versuche ich manchmal, mich mit dem Tod zu unterhalten. Aber der sagt nur: „Du bist noch nicht dran.“ Mein Urgroßvater aus Ostpreußen ist mit 110 Jahren vom Pferd gestürzt, Genickbruch. Er war sofort tot. Ob ich so alt werden will, weiß ich nicht. Mir tut ein Mensch leid, der jetzt erst geboren wird. Überbevölkerung, Klimaveränderungen und der Regenwald wird abgeholzt. Die Zukunft ist nicht schön.

Internet: johanniter.de

Pro Asyl: "Der Einzelfall zählt"

Nicolette Naumann
Nicolette Naumann

© privat

Nicolette Naumann (60) stiftet für Pro Asyl
Manche Leute tun so, als sei das deutsche Asylrecht eine Last. Ich empfinde das anders. Es war ein Geschenk an die Deutschen, als man es 1949 im Grundgesetz verankerte. Man müsste eher dankbar sein für jeden Flüchtling, der in Deutschland Asyl sucht. Das bedeutet: Wir sind ein sicheres Land.

Wir sind nicht gescheitert bei der Aufnahme der Flüchtlinge

Ich habe kein Verständnis dafür, wenn immer gesagt wird, man muss die Menschen, die sich mit der AfD und ihren Parolen gemein machen, ernstnehmen. 15 Prozent der Deutschen haben AfD gewählt, aber 20 Prozent sind in der Flüchtlingshilfe tätig. Und auch die Wähler der Grünen zum Beispiel, der CDU und SPD, also die große Mehrheit der Bevölkerung, stehen den Asylbewerbern offen gegenüber. In mehr als 500 Gemeinden in Deutschland leben Geflüchtete aus Angst vor Abschiebung im Kirchenasyl, also auch dort gibt es Menschen, die sich engagieren. Wir sind gar nicht gescheitert bei der Aufnahme der Flüchtlinge, wie manchmal suggeriert wird. Wir haben es doch geschafft!

Ich will, dass wir diesen Weg weiterverfolgen. Deshalb fühle ich mich der Organisation Pro Asyl verbunden. Ich spende noch für andere, zum Beispiel für Medico oder Ärzte ohne Grenzen, aber Pro Asyl steht mir am nächsten. Ich will dieser Organisation auch etwas vermachen. Sie setzt sich vehement ein für eine juristische Betreuung der Geflüchteten. Pro Asyl wendet sich gegen Pauschalisierungen, sie haben ja auch dieses Motto: „Der Einzelfall zählt.“ Es geht grundsätzlich um die Sicherstellung der Genfer Flüchtlingskonvention, Die Arbeit von Pro Asyl ist so wichtig.

Ich war schon auf Anti-Nazi-Kundgebungen

Mein Mann und ich, wir haben keine Kinder. Ich arbeite bei der Messe Frankfurt. Die lebt ja von Internationalität und größter Offenheit. Und die Stadt Frankfurt am Main präsentiert sich auch so. Ich glaube, 30 Prozent der Bewohner haben nicht einmal die deutsche Staatsbürgerschaft. Das stört keinen. Ich habe dort noch keinen Rassismus erlebt, keine hässlichen Vorkommnisse. In meinem persönlichen Umfeld gibt es Menschen, die ähnliche Gruppierungen unterstützen wie ich. Ich rede auch mit Kollegen darüber.

Wenn es wichtig ist, gehe ich zu Demonstrationen. Ich war auch schon auf Anti-Nazi-Kundgebungen, die nicht genehmigt waren, und habe an Anti-Abschiebeprotesten teilgenommen. Da mache ich überhaupt kein Geheimnis draus.

In die Politik würde ich nicht gehen. Da muss man sich wohl doch ab und zu verbiegen; das ist nichts für mich. Ich finde es befriedigender, sich zivilgesellschaftlich zu engagieren. Ich stehe links, klar, aber was heißt das mit Blick auf die Flüchtlingspolitik? Ich denke, die Mehrheit der Deutschen ist dafür, dass keine Menschen im Mittelmeer ertrinken.

Ich verstehe die Einstellung mancher Sachsen nicht

Was die Zukunft angeht, bin ich gar nicht so pessimistisch. In Sachsen hat die AfD 27 Prozent der Wählerstimmen erhalten, in Baden-Württemberg waren es gut zehn Prozent. Aber dazu muss man sich ja noch andere Zahlen ansehen und miteinander vergleichen. In Sachsen leben vier Millionen Menschen, in Baden-Württemberg sind es aber elf Millionen. Auf diese Weise wird doch einiges wieder geradegerückt.

Ich verstehe die Einstellungen mancher Sachsen nicht. Die Sächsische Schweiz ist eine der schönsten Landschaften in Europa, aber im Ausland wird davor gewarnt, dort hinzufahren. Das gilt auch für Görlitz. Durch meinen Arbeitgeber, die Messe Frankfurt, weiß ich, dass Internationalität auch ein Garant ist für Prosperität.

Internet: proasyl.de

Deutsche Wildtier Stiftung: Gegen die Zersiedelung kämpfen

Karen B. Tobias
Karen B. Tobias

© privat

Karen B. Tobias (59) will die Deutsche Wildtier Stiftung mit einem Erbe bedenken

Vor Jahren bin ich aus der Kirche ausgetreten und habe mir selbst das Versprechen gegeben, etwas für eine gute Sache aufzuwenden. Seit Langem spende ich regelmäßig für die Deutsche Wildtier Stiftung, im Jahr immer eine gewisse Summe und manchmal noch was obendrauf. Auf diese Einrichtung bin ich eher zufällig gestoßen. Bei einer Talkshow im Fernsehen, das ist bestimmt schon 20 Jahre her, trat der Gründer dieser Stiftung auf, übrigens im Jägeroutfit. Dieses Äußere ist mir nicht fremd, in meiner Familie sind diverse Jäger und auch Landwirte.

Ich fühle mich der Natur sehr verbunden

Ich fühle mich der Natur sehr verbunden – und ich wollte etwas für sie tun. Ich wohne am Stadtrand von Köln, und da sehe ich eine Entwicklung, die mir nicht gefällt. Es müssen doch wirklich nicht alle Flächen mit Wohnungen bebaut oder als Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Die Natur ist mir ein Anliegen, und daher finde ich es gut, wenn die Deutsche Wildtier Stiftung zum Beispiel eine Fläche kauft. Dort wachsen zunächst Gräser, dadurch kommen Insekten und Vögel, die dort brüten, fressen die Insekten. Dieser Kreislauf ist wichtig.

Mir kommt es bei meiner Unterstützung auch die Region an. Es geht mir nicht um ein Projekt für Wildkatzen, die viele ja süß finden. Das ist mir zu weit weg, zu speziell. Aber wenn Sie sehen, wie immer mehr Landflächen für Straßen und Autobahnen zerschnitten werden! Dadurch werden die Lebensräume für die Tiere immer kleiner, das führt zum Beispiel zu Inzucht mit schlimmen Folgen. Manche Leute beschweren sich über teure Wildbrücken, aber die könnten sich mal fragen, wie viele Brücken denn für Autos gebaut werden.

Was ist, wenn man sein Haus überlassen will?

Inzwischen mache ich mir Gedanken, wie ich meinen Nachlass regeln kann. In meiner Familie achten wir sehr darauf, dass alles geregelt ist. Ich bin 59 Jahre alt, Kinder habe ich nicht. Aber das mit dem Vererben ist natürlich ein weites Feld. Die Stiftung hat mir einen Gutschein für eine kostenlose Beratung beim Fachanwalt für Erbrecht gegeben. Jeder muss sich ja überlegen, was und wie viel er geben will: Aktien zum Beispiel oder Geld oder den Teil einer Immobilie. Was ist, wenn man ein Haus überlassen will?

Ich bin auch Mitglied bei Greenpeace und spende noch für andere Organisationen. Aber der lokale Bezug ist mir wichtig, und da bin ich eben bei der Deutsche Wildtier Stiftung richtig. Ich bin auch Mitglied bei der „Solidarischen Landwirtschaft“. Da bezahle ich etwas – und bekomme was dafür. Eben das, was gerade wächst, auf einem Acker, ganz in meiner Nähe. Ich finde es wichtig, im Gleichgewicht zu sein.

Internet: deutschewildtierstiftung.de

Ruth-Pfau-Stiftung: Gegen Ausgrenzung Leprakranker

Martin Gertler
Martin Gertler

© Kerstin Müller

Martin Gertler (64) engagiert sich für die Ruth Pfau Stiftung

1960 wurde die Ärztin und Ordensfrau Ruth Pfau von ihrem Orden nach Indien geschickt. Bei einem Stopp in Karatschi wurde sie in eine Lepra-Ambulanz geführt. Die entsetzlichen Zustände in dieser „Bettlerkolonie“ schockierten sie. Sie blieb, um zu helfen. „Wer keine Tränen in sich trägt, darf diesen Weg nicht gehen“, soll sie gesagt haben.

Sie hat sich für die Rechte von Frauen stark gemacht

Im Frühjahr 1989 habe ich Ruth Pfau in Pakistan kennengelernt. Als Medienproduzent hatte ich den Auftrag, eine Dokumentation über sie zu drehen für die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW). Wir sind dafür hoch in den Norden gefahren, bis an die Grenze Afghanistans. Was ich dort gesehen habe, hat mein Leben verändert.

Ruth Pfau, die im vergangenen Jahr mit 87 Jahren gestorben ist, hat gegen die Ausgrenzung der Leprakranken gekämpft. Es ist ihr auch gelungen, sich in einem muslimischen Land für die Rechte von Frauen stark zu machen. Sie hat interreligiöse Brücken gebaut, Flüchtlingen geholfen und Opfer von Naturkatastrophen unterstützt.

Ich bin Mitglied im DAHW und wurde in den Aufsichtsrat der Ruth-Pfau-Stiftung berufen. Das Leben dieser Ärztin hat mich stark beeindruckt. Vor sieben Jahren habe ich begonnen, vegan zu leben. Irgendwie gehört doch alles zusammen. Wir werfen so viel Geld raus für Konsum, wir kaufen so viel, das hilft den Menschen nicht.

Jeder sollte sich fragen: Was liegt mir am Herzen

Ich habe keine Familie, keine Kinder. Jetzt bin ich 64 Jahre alt, da macht man sich langsam Gedanken um sein Vermächtnis. Spenden können zurückgehen, aber eine Stiftung arbeitet im Unterschied zu einem von Spenden getragenen Hilfswerk hauptsächlich mit den Erträgen, die durch die Anlage des Stiftungsvermögens erwirtschaftet werden. Das ist stabil. Manche Menschen haben der Stiftung ihre Eigentumswohnung vermacht, auch ein Firmengelände in Ost-Westfalen gehört ihr. Jeder sollte sich fragen: Was liegt mir am Herzen? Für mich ist das klar: Ich möchte, dass die Arbeit von Ruth Pfau weitergeht.

Internet: ruth-pfau-stiftung.de

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