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Kultur: Stunde derVerschwörer Entwarnung in der

Berliner Opernkrise? Von wegen!

Nach dem Sturm ist vor dem Sturm: Kaum ist der wild bewegte Wellengang um die Berliner Operntanker abgeebbt, schallt vom Ufer schon die nächste Unwetterwarnung. „Die Opernreform wird an der SPD scheitern“, ruft Alice Ströver, die Kassandra der Berliner Kulturpolitik. Man könnte das als Oppositionsgerede abtun – hätte die Grünen-Politikerin mit ihren düsteren Prognosen nicht schon so oft Recht behalten. Ströver hat starke Argumente: Der Bund, erklärt sie, hilft nur, wenn die Opernstiftung kommt. Eine Rechtsformumwandlung lässt sich aber nur mit schuldenfreien Institutionen realisieren. Die SPD weigert sich jedoch, die Altlasten der Deutschen Oper zum 31. Dezember dieses Jahres aufzulösen.

PDS-Kultursenator Thomas Flierl schlug daraufhin vor, die Opernwerkstätten zu fusionieren und die dann nicht mehr benötigten Immobilien der Staatsoper zu verkaufen. Abgesehen davon, dass eine Werkstättenzusammenlegung erst nach der Fusion möglich sein dürfte, wird sich Finanzsenator Thilo Sarrazin hüten, Verkaufserlöse an die Kulturverwaltung weiterzureichen. Eine Ausnahme von der Regel, dass Einnahmen aus Grundstücksveräußerungen zu 90 Prozent dem Gesamthaushalt zufließen, soll es zugunsten der Deutschen Oper nicht geben, hat Ströver erfahren. Damit träte automatisch Plan B in Kraft: die Zwangsvereinigung der beiden großen Opern.

Wenn im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses am heutigen Montag mit der Anhörung der Intendanten der drei Berliner Opernhäuser die offizielle Aussprache über Flierls Reformwerk beginnt, müssen die SPD-Vertreter Strövers Theorie entkräften, wollen sie nicht als Verschwörer dastehen. Außerdem sollten sie ein paar Minuten Bedenkzeit aufbringen für einen Gegenvorschlag zum Flierl-Konzept, der zwar schon seit Monaten im Raum steht, bisher aber mit dem wohlfeilen Argument der geringen Realisierungschance abgeschmettert wurde. Die Idee stammt, natürlich, von Alice Ströver, und sieht vor, die Staatsoper in die von Bund und Land gemeinsam finanzierte Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu integrieren. Rechne man den Zuschussbedarf der Lindenoper nach dem Verteilungsschlüssel der Stiftung um, liege der Berliner Anteil bei läppischen vier Millionen Euro. Strövers Vorschlag setzt allerdings voraus, dass die Länderchefs mit gutem Beispiel vorangehen und den Berliner Intendanten einmal zeigen, was konstruktive Kommunikation im Sinne der Sache bedeuten kann.

Die Berliner Musiktheaterlenker selbst haben sich bestens vorbereitet auf die heutige Beratungsrunde und präsentierten im März-Spielplan mal wieder feinste altberliner Dramaturgie. Beispiel 18.3.: Deutsche Oper: „Dornröschen“, Staatsoper: „Dornröschen“, Komische Oper: spielfrei. Am 27. März wird die Ballettprinzessin erneut zeitgleich Unter den Linden und in der Bismarckstraße wachgeküsst. Die Kulturausschussmitglieder dürfte es dann aber eher in die Behrenstrasse ziehen, zum „Barbier von Sevilla“. Da können sie sich dann richtig einseifen lassen.

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