zum Hauptinhalt

Kultur: Sudetendeutsche: "Für die Zukunft nichts ausschließen" - Tschechiens Außenminister über die Mühen der Versöhnung

Der tschechische Außenminister Jan Kavan widerspricht den bei den alljährlichen Pfingstreffen der Sudetendeutschen stets wiederholten Vorwürfen, dass die tschechische Gesellschaft immer noch eine selbstkritische Reflexion im Hinblick auf die Vertreibung der einstigen deutschen Mitbürger in den Jahren 1945/46 verdränge. Es gebe vielfältige Foren, wo die historischen Hypotheken kritisch diskutiert würden, sagte der Sozialdemokrat Kavan im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Der tschechische Außenminister Jan Kavan widerspricht den bei den alljährlichen Pfingstreffen der Sudetendeutschen stets wiederholten Vorwürfen, dass die tschechische Gesellschaft immer noch eine selbstkritische Reflexion im Hinblick auf die Vertreibung der einstigen deutschen Mitbürger in den Jahren 1945/46 verdränge. Es gebe vielfältige Foren, wo die historischen Hypotheken kritisch diskutiert würden, sagte der Sozialdemokrat Kavan im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Kavan begrüßte den jüngsten Beschluss des Stadtrats von Brünn, in dem auch das Leid unschuldiger Menschen bei der Vertreibung, bei dem "Todesmarsch der Brünner Deutschen" bedauert wurde. Bedauert worden sei in dem Dokument auch, dass infolge der tragischen Vergangenheit Zehntausende Mitbürger nicht nur deutscher, sondern auch jüdischer und Roma-Abstammung nicht mehr in Brünn lebten. Sie hätten die historisch kulturelle Vielfalt der Stadt mit geschaffen.

Dennoch sei diese psychologisch wichtige Geste der zweitgrößten Stadt Tschechiens und mährischen Landeshauptstadt "nichts Bahnbrechendes", so Kavan. In der tschechisch-deutschen Versöhnungsdeklaration von 1997, die auch vom Parlament in Prag gebilligt worden war, sei das Bedauern sogar noch "schärfer" formuliert worden. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds und das Deutsch-Tschechische Diskussionsforum, beide durch die Deklaration begründete Institutionen, leisteten bei der gemeinsamen Verarbeitung der finsteren Geschichtskapitel wie auch bei der tschechischen selbstkritischen Reflexion umfangreiche Arbeit.

Angesichts der Forderungen der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach direkten Gesprächen mit der tschechischen Regierung bleibe der Standpunkt Prags allerdings unverändert: Offizieller Gesprächspartner könne nur die deutsche Bundesregierung sein. Das bedeute aber nicht, dass Tschechiens offizielle Stellen den Dialog mit sudetendeutschen Organisationen verweigerten.

In Zukunft, so Kavan, könne er sich "unter bestimmten Bedingungen" auch die Teilnahme eines tschechischen Außenministers an den sudetendeutschen Pfingsttreffen vorstellen - wenn es der aktiven Versöhnungsarbeit diene. Verweigern würde er sich nicht:"Für die Zukunft ausschließen will ich nichts."

Alexander Loesch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false