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Sie lieferten einen Höhepunkt des Festivals: The Horrors aus Großbritannien

© Emily Watson / Volksbühne

Synästhesie-Festival in der Volksbühne: Grüß mir die Geister

Zwischen Krautrock und Düster-Pop: Das Synästhesie-Festival feiert in der Volksbühne den 15. Geburtstag der legendären 8MM Bar.

In der Volksbühne kommen sie alle zusammen: die Rockfans, die den psychedelischen Zauber lieben, die verträumten Langpony-Träger, die beim Tanzen auf ihre Schuhe starren, und die bekifften Weltraumabenteurer, die gerne durch kosmische Sound-Galaxien reisen. Der Anlass für das Vergnügen am Volkstrauertag sind 15 Jahre 8MM Bar. Die Berliner Nachtleben-Institution feiert ihr Jubiläum mit der dritten Ausgabe des Synästhesie-Festivals und hat das Haus für einen Tag in einen stimmungsvollen Beatschuppen verwandelt. Dabei wird konsequent die Linie verfolgt, mit der sich das zugehörige Label 8MM Musik seit Jahren als Zufluchtsort für die Berliner Rockszene etabliert hat: Zwischen experimentellen Psychedelic-Sounds, Shoegaze und Garagenrock bietet das Festival auf zwei Bühnen ein Programm, das mit einer innigen Liebe für die drogenumnebelte Musik verbunden ist, die Ende der 60er Jahre in deutschen Übungskellern entstanden ist.

Was passt da besser als ein Auftritt der Krautrock-Pioniere Tangerine Dream, die mit ihrer „Kosmischen Musik“ einst den Stil der Berliner Schule prägten? Dabei ist der Mandarinentraum eigentlich ausgeträumt, seit Edgar Froeses 2015 starb. Aber: „Es gibt keinen Tod, nur einen Wechsel der kosmischen Adresse“, so lautet ein Satz vom Bandgründer, der bis zuletzt am Album „Quantum Gate“ gearbeitet hat, das vor zwei Monaten erschien. Fertiggestellt wurde es von Thorsten Quaeschning zusammen mit Elektrotüftler Ulrich Schnauss und der Violinistin Hoshiko Yamane. Bei der Live-Präsentation rollt das Trio einen Soundteppich aus: Ein geigenbetonter Plätscher-Mix mit der Durchschlagskraft eines Hans-Zimmer-Soundtracks, der das Publikum in einen Schwebezustand versetzt, bevor einSchlagzeuger dazukommt und den Elektrosound in bester Krautrock-Manier nach Hause klopft.

Annäherung an Depeche Mode

Beim Restprogramm geht es weniger sphärisch zu, dafür kann man umso härter den Körper schütteln! Das gilt besonders für das Gebrodel der Berliner Krautrock-Epigonen Camera, aber auch das Frauenquintett PINS aus Manchester, den Hamam-Disco-Synth-Pop von Jakuzi aus Istanbul und den Garagenrock von Balagan. Höhepunkt ist der Auftritt von The Horrors, die sich mit ihrem neuen Album „V“ dem Breitwand-Pop von Depeche Mode weiter annähern.

Fast grandiose Soundscapes der halbbetäubten Exzesse purzeln beim Auftritt der Gothic-Hipster aus London aus den Boxen, mit schwankenden Keyboards, schriller Sandpapiergitarre und verhallten Schlagzeugrhythmen, deren repetitive Muster die Stücke eingängig und tanzbar machen. Dazu Melodien, die nach The Cure und Jesus & The Mary Chain klingen, krachende Düster-Popsongs. Bei der Zugabe werden mit dem modrigsüßen „Ghost“ als Einstimmung auf die kommende Woche (Buß- und Bettag! Totensonntag!) die lauernden Geister begrüßt, bevor das euphorische „Something To Remember Me By“ das Publikum mit treibender Klopf-Motorik auf die Tanzfläche zieht.

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